Rz. 13

Um dem Pflichtteilsberechtigten die Realisierung seines Pflichtteilsanspruchs zu ermöglichen, muss der Erbe Auskunft über sämtliche zum Nachlass gehörenden Aktiva und Passiva erteilen, wobei die gesamten Berechnungsfaktoren gleichfalls offen zu legen sind.[17] Der Erbe muss alle Nachlassgegenstände genau bezeichnen und Informationen beifügen, die die Einordnung auf der Passiv- oder Aktivseite ermöglichen. Daher ist eine exakte Auflistung aller Gegenstände erforderlich; nicht zulässig ist das Zusammenfassen von Gegenständen unter einem bestimmten Oberbegriff.[18]

 

Rz. 14

Selbst wenn der Erbe davon ausgeht, ein Nachlassgegenstand sei wertlos, ist dieser dem Auskunftsgläubiger gegenüber anzugeben.[19] Gegenstand der Auskunftsverpflichtung ist bei verheirateten Erblassern darüber hinaus, in welchem Güterstand der Erblasser gelebt hat.[20] Des Weiteren muss Auskunft darüber erteilt werden, ob der überlebende Ehegatte die Erbschaft oder ein Vermächtnis angenommen oder ausgeschlagen hat.[21]

 

Rz. 15

Beruft sich der Erbe, beispielsweise der überlebende Ehegatte, darauf, nicht der Erblasser, sondern er selbst sei Eigentümer, muss er alle seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten offen legen.[22] Der zum Erben eingesetzte überlebende Ehegatte kann sich seiner Auskunftspflicht nicht mit der rechtlichen Wertung entziehen, dass die Gegenstände nicht zum Aktivbestand des Nachlasses gehörten, weil sie mit seinen Mitteln angeschafft worden seien. Seine Auskunftspflicht erstreckt sich grundsätzlich auf alle im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Hausrats- und Einrichtungsgegenstände, an denen der Erblasser Mitbesitz hatte.[23]

 

Rz. 16

Steht die Berechnung des Pflichtteils der Abkömmlinge in Frage, erstreckt sich die Auskunftspflicht auch auf Gegenstände, die zum Voraus zu zählen sind. Dabei muss der Pflichtteilsberechtigte die vertretene Einordnung der Gegenstände als zum Voraus gehörig nachvollziehen können.[24]

 

Rz. 17

Gehört zum Nachlass des Erblassers ein Anteil an einem anderen Nachlass, so sind die Erben auch hinsichtlich des ererbten Nachlasses auskunftspflichtig. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass sich die Auskunftspflicht nach § 2314 BGB auf den ganzen Nachlass bezieht.[25]

 

Rz. 18

Kann der Auskunftsverpflichtete den Auskunftsanspruch zunächst aus eigenem Wissen heraus nicht erfüllen, hat er sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen, soweit ihm das zumutbar ist.[26] Insoweit muss der Auskunftsverpflichtete auch die ihm selbst zustehenden Auskunftsansprüche, so etwa gegen Banken und Versicherungen, durchsetzen, wobei er aber die entsprechenden Auskunftsansprüche auch an den Pflichtteilsberechtigten abtreten kann.[27] Wenn der Auskunftspflichtige sich das Wissen der Bank nicht verschafft, obwohl ihm das zumutbar war, kann er verpflichtet sein, seinen eigenen Anspruch gegenüber einer Bank abzutreten.[28]

[17] BGHZ 33, 373, 374.
[18] BGH LM § 260 Nr. 1 = JZ 1952, 492; BGH, Beschl. v. 21.12.1996 – IV ZB/27/95; OLG Karlsruhe ZEV 2004, 468, 469 für die Aufschlüsselung der Erbfallkosten; Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 13, wonach weniger wertvolle Gegenstände, wie z.B. die dem persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände bzw. der Hausrat, von der Aufschlüsselung ausgenommen sein sollen.
[19] BGH LM § 260 Nr. 1 = JZ 1952, 492.
[20] OLG Düsseldorf NJW 1996, 3156.
[21] BeckOK BGB/G. Müller, § 2314 Rn 14
[22] OLG Hamburg NJW RR 1989, 1285 f.
[23] Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 15.
[24] RGZ 62, 109, 110; Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 15.
[25] RGZ 72, 379, 380 f.; BGH, Beschl. v. 21.2.1996 – IV ZB 27/95.
[26] BGHZ 107, 104, 108.
[27] BGHZ 107, 104, 107 = JZ 1990, 652 m. Anm. Kuchinke.
[28] OLGR Bremen 2001, 201.

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