Rz. 1

Auf Antrag des Schuldners kann das Zwangsversteigerungsverfahren einmal, und nach Fortsetzung ein weiteres Mal einstweilen auf die Dauer von jeweils höchstens sechs Monaten eingestellt werden, §§ 30a, 30c ZVG. Wegen des Prinzips der Einzelverfahren muss der Schuldner gegenüber jedem betreibenden Gläubiger einen Einstellungsantrag stellen.

 

Rz. 2

Nur unter Zahlungsauflagen darf das Versteigerungsgericht die einstweilige Einstellung bewilligen, wenn die Versteigerung aus einem Grundpfandrecht betrieben wird, das innerhalb von 7/10 des Grundstückwerts steht, § 30a Abs. 3 S. 2 ZVG. Allerdings besteht hierbei die praktische Schwierigkeit, dass in diesem Zeitpunkt der Verkehrswert noch nicht feststeht.

 

Rz. 3

Die Gründe für eine einstweilige Einstellung (Sanierungsfähigkeit, besondere persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Art der Schuld, Zumutbarkeit für den Gläubiger)[1] werden regelmäßig nicht vorliegen. Nicht der Billigkeit entspricht eine Einstellung, wenn grob unwirtschaftliches Verhalten des Schuldners, große Fehlinvestitionen oder Fehlkalkulationen oder Fehlspekulationen vorliegen, wenn der Gläubiger dem Schuldner bereits durch langfristige Stundung entgegengekommen war, wenn der Schuldner die Erfüllung der Verbindlichkeit schon lange verschleppt hat oder wenn er die notwendigen Mittel zur sofortigen Befriedigung des Gläubigers zur Verfügung hat oder unverzüglich bereit stellen kann, beispielsweise durch eine zumutbare Kreditaufnahme.[2] Bei der im Rahmen eines Einstellungsantrags nach § 30a ZVG zu treffenden Prognose über die Sanierungsfähigkeit ist allein darauf abzustellen, dass der Gläubiger in dem Einzelfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit befriedigt wird, ohne dass die grundsätzliche Frage nach Wahrscheinlichkeit der Sanierungsfähigkeit an sich zu berücksichtigen ist. Dies ist jedenfalls bei einer geringfügigen Restforderung von unter 100,00 EUR der Fall, wenn der Schuldner in der Lage war, nach Beginn des Zwangsversteigerungsverfahrens eine Gesamtforderung von rd. 40.000,00 EUR bis auf den Restbetrag innerhalb von wenigen Wochen auszugleichen.[3] Nur in seltenen Fällen wird einem Schuldnerantrag stattgegeben werden können. Die durchaus öfter vorgetragene Problematik der Sittenwidrigkeit des Vollstreckungsantrags ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, nicht nach dem subjektiven Empfinden des Schuldners. Nach Auffassung des AG Hannover[4] kann einem querulatorischen Verhalten mit der Folge körperlicher und psychischer Belastungen sowie einem lebensbedrohenden psychischen Druck infolge jahrelanger Angst besser mit einer zügigen Durchführung und Beendigung der Vollstreckung entgegengewirkt werden als mit Verlängerung und Hinauszögerung durch Einstellung des Verfahrens. Verallgemeinerungsfähig dürfte diese Aussage jedoch nicht sein.

 

Rz. 4

Überwiegend wird es dem Schuldner nur darauf ankommen, das Zwangsversteigerungsverfahren zu verzögern, einmal durch die Antragstellung selbst und dann durch Ausschöpfen des Rechtsmittelverfahrens. Einstellungsanträge und Rechtsmittel gegen die Zurückweisung sind jedoch dann unzulässig, wenn sich aus den Umständen häufiger Wiederholung, Fristverlängerungsgesuchen, Nichtvorlage der zugesandten Begründung usw. ergibt, dass nicht Rechtsschutz gesucht wird, sondern das Verfahren verschleppt werden soll.[5]

[1] Vgl. hierzu Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, § 30a Rn 6 ff.
[2] LG Stuttgart vom 29.5.2018 – 19 T 100/18, juris.
[3] LG Hildesheim vom 9.1.2018 – 5 T 7/18, juris.
[4] AG Hannover vom 18.11.1989, 732a K 88–89/88, Rpfleger 1990, 174.
[5] LG Trier vom 18.10.1990, 4 T 66/90, Rpfleger 1991, 70.

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