Rz. 135

Löst der Abfindungsverzicht (wie regelmäßig) noch nicht im Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags eine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus, so kann sich ein erbschafts- bzw. schenkungsteuerpflichtiger Erwerb im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gesellschaft ergeben. Ist der zu Lebzeiten aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter grundsätzlich gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB abzufinden, bemisst sich der Abfindungsanspruch nach dem Verkehrswert der Beteiligung, mithin nach dem anteiligen Ertragswert auf der Basis einer fortgesetzten Gesellschaft (Going-concern-Prinzip).[138] Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Abfindungsbeschränkung, etwa auf den Buchwert der Beteiligung, vor, wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den Mitgesellschaftern wertmäßig gleichwohl ungemindert nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB an. Dies führt zu einer objektiven Bereicherung der verbleibenden Mitgesellschafter. § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG fingiert daher bei einem nicht todesbedingten Anteilsübergang auf die verbleibenden Gesellschafter eine Schenkung in Höhe des den Abfindungsanspruch übersteigenden Steuerwerts des anwachsenden Anteils.[139] Stellt der Anteil im Einzelfall begünstigungsfähiges Betriebsvermögen dar, kommt für diesen Erwerb eine Verschonung gem. §§ 13a-13c, 28a ErbStG in Betracht, nicht aber für den Abfindungsanspruch.[140]

 

Rz. 136

Auch die anlässlich des Todes eines Gesellschafters eintretende Anwachsung ist zulasten der bereicherten Mitgesellschafter gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 ErbStG als fiktiver Erwerb von Todes wegen steuerbar, soweit der nach § 12 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG ermittelte Verkehrswert der anwachsenden Beteiligung die Abfindungsansprüche Dritter übersteigt. Auch hier ist ggf. eine Verschonung gem. §§ 13a-13c, 28a ErbStG für den fiktiven Anteilserwerb möglich.[141]

 

Rz. 137

Muster 8.14: Abfindungsklausel

 

Muster 8.14: Abfindungsklausel

§ _________________________

Abfindung ausscheidender Gesellschafter

(1) Soweit nicht in diesem Vertrag oder durch Vereinbarung unter den Gesellschaftern anders geregelt, erhält der ausscheidende Gesellschafter bzw. seine Erben eine Abfindung entsprechend seiner Beteiligung an dem Vermögen der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Rücklagen.

(2) Der der Abfindung zugrunde zu legende Betrag ist grundsätzlich der Verkehrswert unter Berücksichtigung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Schwebende Geschäfte bleiben bei der Ermittlung der Abfindung außer Betracht. Dieser wird zunächst durch den Steuerberater der Gesellschaft auf Kosten der Gesellschaft auf den Zeitpunkt des Ausscheidens nach den Grundsätzen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) bzw. seines Nachfolgerinstituts ermittelt. Für die Bewertung von Immobilien kann der Steuerberater der Gesellschaft einen Immobiliensachverständigen hinzuziehen. Für Vermögensgegenstände, für die ein tagesaktueller Marktpreis oder Börsenkurs ermittelt werden kann, entspricht der Verkehrswert dem Marktpreis oder Börsenkurs. Auch latente Steuern sind bei der Verkehrswertermittlung zu berücksichtigen. Der ausscheidende Gesellschafter hat dann die Möglichkeit, auf eigene Kosten Einwände gegen das von dem Steuerberater der Gesellschaft bzw. die von dem Immobiliensachverständigen erstellten Verkehrswertgutachten zu erheben. Wenn keine Einigung über die Höhe des Verkehrswertes zustande kommt, entscheidet ein Obergutachter rechtsverbindlich über die Berechtigung der Einwände gegen das Gutachten des Steuerberaters bzw. des hinzugezogenen Immobiliensachverständigen. Die Beteiligten sollten sich möglichst einvernehmlich auf einen Obergutachter verständigen. Notfalls wird von dem Präsidenten des zuständigen Landgerichts ein Obergutachter bestimmt. Falls erforderlich können auch mehrere Obergutachter bestimmt werden. Die Kosten des Obergutachters werden im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens getragen.

(3) Soweit in diesem Gesellschaftsvertrag nicht anders geregelt, ist bei der Abfindung nach Absatz 2 ein Abschlag von 25 % vorzunehmen.

(4) Die Abfindung ist in allen Fällen der Abfindung nach diesem Gesellschaftsvertrag in fünf gleichen Jahresraten zu zahlen. Die erste Rate ist am Ende des Jahres, in dem eine Einigung über die Abfindungshöhe zustande gekommen ist oder die Abfindungshöhe rechtsverbindlich festgestellt wurde, fällig. Das Entgelt ist ab dem Tage des Ausscheidens mit 2 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die angelaufenen Zinsen sind mit jeder Rate zu bezahlen. Der Abfindungsschuldner ist berechtigt, das Entgelt ganz oder teilweise früher zu bezahlen.

(5) Der Anspruch auf Abfindung richtet sich nur gegen die Gesellschaft. Eine über das Gesellschaftsvermögen hinausgehende persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter ist ausgeschlossen. Eine Sicherheitsleistung kann nicht gefordert werden. Die mit einer Übertragung verbundenen Kosten treffen den oder die Erwerber. Soweit die Gesellschaft die Abtretung des Gesellschaftsanteils...

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