Rz. 68

Das Nachlassgericht hat im Rahmen des Erbscheinsverfahrens gem. § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln und dementsprechend dem §§ 29, 30 FamFG Beweis zu erheben, ob die Testierfähigkeit bestand, sofern Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit vorliegen. Denn allein "pauschale" Behauptungen zur Testierunfähigkeit reichen nicht. Vielmehr müssen diese substantiiert vorgetragen werden oder sich aus anderen Umständen ergeben.[130] Eine förmliche Beweisaufnahme gem § 30 FamFG ist jedoch nur dann durchzuführen, wenn durch sonstige Ermittlungen keine hinreichend sichere Aufklärung erfolgen kann.[131]

 

Rz. 69

Wenn aufgrund der Darlegung konkreter auffälliger Verhaltensweisen oder psychischer Eigenheiten des Erblassers die Behauptung der Testierunfähigkeit vorgetragen wird, besteht die Ermittlungspflicht des Nachlassgerichtes. Jedoch entbindet dies nicht die Beteiligten, bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken.[132]

 

Rz. 70

Es ist dabei zu beachten, dass jeweils die Art und der Umfang der Ermittlungen einzelfallbezogen sind. Das Gericht entscheidet darüber nach pflichtgemäßem Ermessen, ohne an die Beweisanträge der Parteien gebunden zu sein. Die Ermittlungen sind jedoch soweit auszudehnen, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist. Zuvor soll es zu keinem Abschluss der Beweisaufnahme kommen. Weitere Ermittlungen, die zu einem sachdienlichen, die Entscheidung beeinflussenden Ergebnis führen, sind somit anzustellen. Dies setzt eine sorgfältige Untersuchung unter Einbeziehung der Vorgeschichte und aller äußeren Umstände voraus.[133] Im Rahmen dessen ist der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht, § 26 FamFG, wenn bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt sind. Jedoch darf das Gericht hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen sowie die Beweisanforderungen vernachlässigen oder überspannen.[134]

[131] Sparke, in: Kerscher/Krug/Sparke, § 7 Rn 40.
[132] OLG Köln FamRZ 1991, 117.
[134] BayObLG v. 17.8.2004 – 1Z BR 053/04, hier nach www.dnoti.de "Aktuelle Rechtsprechung".

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