Leitsatz (amtlich)

Besteht kein Anhalt dafür, dass beim Erblasser von ärztlicher Seite eine geistige Erkrankung (hier: Demenz) festgestellt worden oder er wegen in diese Richtung weisender Krankheitssymptome jemals behandelt worden ist, so ist für amtswegige Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf eine aus einer solchen Erkrankung (Demenz) herzuleitende Testierunfähigkeit des Erblassers kein Raum.

 

Normenkette

FamFG § 352 Abs. 1; BGB § 2229 Abs. 4, § 2353

 

Verfahrensgang

AG Wesel (Beschluss vom 17.04.2013; Aktenzeichen 16 VI 403/12)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Geschäftswert: 500.000 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Geschwister der am 9.9.2012 in Wesel kinderlos verstorbenen Erblasserin. Die Beteiligte zu 3 ist eine Stiftung, die die Erblasserin und deren bereits am 28.11.2011 verstorbener Ehemann mit einem zu UR.-Nr. 537/2011 des Notars S. in Wesel vom 4.5.2011 errichteten Ehegattentestament zur Alleinerbin eingesetzt haben; die Beteiligte zu 3 befand sich zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch in Gründung, ist aber inzwischen beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf eingetragen.

Die Eheleute vermachten einander jeweils einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an ihrem gesamten Nachlass sowie jeweils 450.000 EUR.

Die Beteiligte zu 3 hat unter dem 21./26.11.2012 die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt beantragt, dass die Erblasserin von ihr allein beerbt worden sei.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung vom 4.5.2011 geltend gemacht, weil die Erblasserin - so die Beteiligte zu 2 - nach "drei Aneurysmen ... in den letzten 20 Jahren in die Demenz abgedriftet, seit gut zwei Jahren ein Pflegefall im evangelischen Altenheim in Wesel und zur Zeit der Unterschrift des Testaments nicht geschäftsfähig, seit März 2012 ... eine Kommunikation gar nicht mehr möglich" gewesen sei bzw. weil die Erblasserin - so die Beteiligte zu 1 - " zur Zeit ihrer Unterschrift des Testaments nicht geschäftsfähig ..., Stufe 3 Pflegefall im Altersheim und seit ihren Aneurysmen dement geworden sei".

Der beurkundende Notar hatte dem Nachlassgericht unter dem 14.12.2011 mitgeteilt, die Erblasserin wohne im Altenheim, sei "nach den ... (ihm) erteilten Angaben aber nicht mehr geschäftsfähig ...".

Mit Schrift vom dem 7.1.2013 hat der beurkundende Notar dahin Stellung genommen, die Erblasserin sei am Tage der Beurkundung des Testaments am 4.5.2011 altersbedingt beeinträchtigt gewesen, habe - von ihrem Ehemann gefahren - im Rollstuhl gesessen, habe ihn, den Notar aber sofort erkannt; aus dem Gespräch habe sich deutlich ergeben, dass sie über den Sachverhalt, insbesondere die Stiftung, informiert gewesen sei, deren Errichtung die Eheleute schon seit Jahren betrieben hätten. Es sei der erkennbare Wille beider Eheleute gewesen, dass das gesamte Vermögen mangels Vorhandenseins von Abkömmlingen an die Stiftung gehen sollte; dies habe die Erblasserin auch verstanden.

Das AG hat - nach Aufforderung an die Beteiligten zu 1 und 2, die behaupteten Zweifel (an der Testierfähigkeit der Erblasserin) zu konkretisieren, bzw. durch ärztliche Dokumente u. Ä. zu belegen - mit Beschluss vom 17.4.2013 die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und zur Begründung ausgeführt, Zweifel an der Wirksamkeit des notariellen Testaments bestünden nicht. Belastbare Anhaltspunkte für die von den Beteiligten zu 1 und 2 vermutete Testierunfähigkeit seien nicht zu erkennen; die Beteiligten zu 1 und 2 hätten trotz Aufforderung des Gerichts weder die behandelnden Ärzte mitgeteilt, noch sonstige Anhaltspunkte für die behauptete Testierunfähigkeit aufgezeigt.

Aus der Stellungnahme des beurkundenden Notars vom 7.1.2013 ergebe sich, dass die Beurkundung im ehemaligen Büro der Firma Z. stattgefunden habe. Die Erblasserin habe im Rollstuhl gesessen. Sie habe sich seit einigen Monaten im benachbarten Pflegeheim befunden. Die Erblasserin sei zwar altersbedingt beeinträchtigt gewesen, habe den Notar aber sofort erkannt. Die Erläuterung des Urkundentextes habe ergeben, dass die Erblasserin über den Sachverhalt informiert gewesen sei, insbesondere was die Errichtung der Stiftung anging. Dieselbe sei von beiden Eheleuten bereits seit Jahren gemeinsam betrieben worden. Die Erblasserin habe begriffen, dass das gesamte Vermögen der Eheleute Z. der Stiftung und damit einem gemeinnützigen Zweck zufließen sollte.

Danach gebe das notarielle Testament den Willen der Erblasserin wieder. Sie sei sich im Klaren darüber gewesen, dass sie ein Testament errichtet habe und habe um die Tragweite der darin enthaltenen Regelung gewusst. Die Stiftung sei bereits seit Jahren das gemeinsame Ziel der Eheleute Z. gewesen. Dies spreche dafür, dass die Alleinerbenschaft der Stiftung dem Willen der Erblasserin entsprochen habe, um die Arbeit der Stiftung sicherzustellen. Zudem sei die Erblasserin noch zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung Geschäftsführe...

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