Rz. 522

Das ehemalige so genannte DAV-Abkommen (zutreffender als "Regulierungsempfehlung Gebhardt/Greißinger" bezeichnet) ist mit Wirkung ab 1.7.2004, dem Inkrafttreten des RVG, entfallen. Gerade auch nach Geltung des RVG ist es aber ein wichtiges Anliegen, die Abwicklung von Schadensfällen möglichst unkompliziert und unbürokratisch zu gestalten. Überflüssige Diskussionen bei der Abrechnung mit Versicherern sollten, wenn möglich, vermieden werden. Vor diesem Hintergrund haben verschiedene Versicherer unabhängig voneinander mitgeteilt, dass sie unternehmensintern ihre Schadenbüros angewiesen haben, Rechtsanwaltsgebühren nach bestimmten Grundsätzen abzurechnen. Gleichzeitig haben sie mitgeteilt, dass sie diese Verfahrensweise nur gegenüber solchen Rechtsanwälten anwenden, die sich mit ihnen in allen Fällen uneingeschränkt einverstanden erklären.

 

Rz. 523

Bei den zuletzt verbliebenen Versicherern handelte es sich um die

DEVK Versicherungen (Schadendatum bis zum 31.8.2018)
Öffentliche Versicherung Oldenburg (Mandatierungen bis zum 30.6.2017).

Die Württembergische Versicherung AG, die VHV Versicherungen, die Allianz Versicherungen und (für Mandatierungen seit dem 1.1.2016) auch die VGH Versicherungen (Landschaftliche Brandkasse Hannover) waren bereits zuvor ausgeschieden.

Da inzwischen auch die letzten beiden Versicherer ausgeschieden sind, ist die Gebührenempfehlung nur noch für Altfälle anwendbar.

 

Rz. 524

Der Wortlaut orientiert sich an den Regelungen der früheren Gebührenempfehlung Gebhardt/Greißinger unter Berücksichtigung einer Erhöhung des jeweiligen Gebührensatzes um 0,3 (entspricht beim niedrigsten Gebührensatz von früher 1,5 und jetzt 1,8 einer linearen Gebührenerhöhung um 20 %) und ist – im Wesentlichen gleich lautend – Folgender:

1. Bei vollständiger außergerichtlicher Regulierung von Haftpflichtschäden (also nicht nur Kraftfahrthaftpflichtschäden, sondern auch allgemeinen Haftpflichtschäden) wird zur Abgeltung der Gebühren nach den Nr. 1000, 2300 VV RVG eine Gebühr von 1,8 aus dem Entschädigungsbetrag ohne Rücksicht darauf gezahlt, ob der Fall einfach abgerechnet, verglichen oder besprochen wurde.
2. Sind Gegenstand der Regulierung (auch) Körperschäden, erhöht sich die Gebühr ab einem Gesamterledigungswert von 10.000 EUR auf 2,1.
3. Vertritt der Rechtsanwalt mehrere durch ein Unfallereignis Geschädigte, so errechnet sich der Gegenstandswert aus der Summe der Erledigungswerte. Die Gebühr erhöht sich dann auf 2,4.
4. Sind Gegenstand der Regulierung in den Fällen zu Ziffer 3 (auch) Körperschäden, so erhöht sich die Gebühr ab einem Gesamterledigungswert von 10.000 EUR auf 2,7.
5. Die Abrechnungsgrundsätze finden Anwendung auf alle Schadensfälle, die sich ab dem 1.7.2004 ereignet haben und zum 30.10.2004 noch nicht abgerechnet sind.

Der Wortlaut der jeweiligen Erklärungen befindet sich im Anhang (Anlage 3, siehe § 14 Rdn 3 ff.). Der jeweils aktuelle Stand ist auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV unter www.verkehrsanwaelte.de, Rubrik: "Für Verkehrsanwälte: Arbeitshilfen", als "abrechnung-kfz-haftpflichtschaeden.pdf" abrufbar.

 

Rz. 525

Alle diese Versicherer gehen von einer individuellen Gebührenvereinbarung bei einem Gesamterledigungswert von über 200.000 EUR aus. Das alles gilt nur für den Fall vollständiger außergerichtlicher Regulierung. Wird auch nur wegen eines kleinen Teilbetrages Klage erhoben, entfällt die Abmachung, wenn über einen Teilanspruch, sei es auch nur über die Kosten, gerichtlich entschieden worden ist. Wird jedoch nach Klageerhebung anerkannt oder verglichen, bleibt es wieder bei der Abrechnung nach der Regulierungsempfehlung.

 

Hinweis

Dies führt bei einer erforderlichen Klageerhebung und sodann Nichtaufnahme des Prozesses durch den gegnerischen Versicherer mit vollständiger Regulierung zu einer besonders unangemessenen Rechtsanwaltskostenerstattung, weil dann das gesamte Klageverfahren im Ergebnis unvergütet bleibt (der Anwalt erhält in diesem Fall nur die 1,8 Gebühr, welche er ohnehin für die außergerichtliche Tätigkeit erhalten hätte, nicht jedoch eine Verfahrens- oder ggf. Terminsgebühr für den erheblichen Aufwand der Fertigung der Klageschrift). Dies macht den sogenannten Klagepoker (vgl. oben Rdn 521) für den Versicherer besonders reizvoll, weil er im Falle der tatsächlichen Klageerhebung und dann erst erfolgenden Regulierung im Ergebnis nur eine Gerichtsgebühr zusätzlich zu zahlen hat. Aus diesem Grunde sollte der Anwalt sich gut überlegen, ob er sich tatsächlich mit einer Abrechnung nach der Gebührenempfehlung einverstanden erklärt.

 

Rz. 526

Problematisch ist der Begriff vollständiger außergerichtlicher Regulierung von Haftpflichtschäden, wie er schon zu den Zeiten der früheren Regulierungsempfehlung Gebhardt/Greißinger verwandt wurde, unter einem weiteren Aspekt. Es wurde die Auffassung vertreten, dass in der Übersendung der Schlussrechnung durch den Rechtsanwalt des Geschädigten, in der er die Gebührensätze der Empfehlung zugrunde legt, ein Indiz für den A...

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