Rz. 23

Das Berufsausbildungsverhältnis kann gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG von beiden Parteien aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Für den Begriff des wichtigen Grundes wendet die Rechtsprechung aufgrund gewisser Übereinstimmungen von Dienst- und Ausbildungsverhältnissen die Generalklausel des § 626 Abs. 1 BGB entsprechend an.[24] Ein wichtiger Grund wird angenommen, wenn das Ausbildungsziel erheblich gefährdet und die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar ist. Aus der Zwecksetzung von Erziehung und Ausbildung des Auszubildenden folgt, dass im Allgemeinen solche Gründe zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, die von einem verständigen Ausbilder nicht mehr akzeptiert werden können. Hierbei ist auf die Jugendlichkeit und den Entwicklungsprozess des Auszubildenden Rücksicht zu nehmen; der Grad der geistigen, charakterlichen und körperlichen Reife muss gleichfalls Berücksichtigung finden. Zusätzlich ist bei der Interessenabwägung die Dauer der im Zeitpunkt der Kündigung zurückgelegten Ausbildungszeit im Verhältnis zur gesamten Ausbildungszeit zu berücksichtigen. Je kürzer die Zeit bis zur Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses noch ist, umso strenger haben die Anforderungen an den wichtigen Grund zu sein.[25]

 

Rz. 24

 

Praxishinweis

Die Kündigungsgründe müssen auf nachprüfbaren Tatsachen beruhen, weshalb pauschale Werturteile nicht ausreichen.[26]

[24] Große, BB 1993, 2083; Wohlgemuth/Pepping, § 22 Rn 18 f.
[25] BAG v. 10.5.1973, EzA BBiG § 15 Nr. 2; LAG Köln v. 26.6.1987, LAGE § 615 BGB Nr. 12; LAG Düsseldorf v. 15.4.1993, EzA BBiG § 15 Abs. 2 Nr. 1 Nr. 76.
[26] Große, BB 1993, 2083.

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