Rz. 16

Zunächst gilt es dem unter Anwältinnen und Anwälten weit verbreiteten Vorurteil entgegenzutreten, es sei unangemessen, ja geradezu peinlich vor Übernahme des Mandates das "Preisgespräch" mit dem Mandanten zu suchen. Da heißt es oftmals, über Geld zu sprechen sei unangenehm und wenn man gute Arbeit leiste, würde man sich irgendwann schon einig werden. Da wird ferner vertreten, es müsse doch jeden Mandanten unangenehm berühren, der mit Preisvorstellungen überfallen werde, bevor man sich mit dem möglicherweise sehr dringenden und sensiblen Anliegen des Auftraggebers beschäftigen wolle.

 

Rz. 17

Aus jahrzehntelanger Praxis kann hier erklärt werden, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Jeder Mandant möchte möglichst im Voraus wissen, mit welchen Kosten er bei der Bearbeitung seines Mandates zu rechnen habe. Vielen Mandanten ist es aber unangenehm, hierauf von sich aus das Gespräch zu bringen und sie reagieren erfreut, wenn es der Anwalt ist, der von sich aus das durchaus heikle und sensible Thema anspricht. Insoweit ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass seit einigen Jahren dem Befund einer Studie von Hommerich/Kilian entgegengewirkt wird, wonach nur 32 % der Rechtsanwälte das Vergütungsgespräch mit dem Mandanten nicht als unangenehm empfinden.[8]

Auf keinen Fall sollte man sich darauf verlassen, dass man sich über die übliche Vergütung bei Beendigung des Mandates schon werde einigen können.

 

Rz. 18

Da man eine – sichere – "übliche Vergütung für Rechtsanwälte" jedenfalls derzeit nicht feststellen kann und es auch an Taxen fehlt,[9] besteht de facto ja geradezu ein Zwang zum Abschluss einer Gebührenvereinbarung, und zwar ein vom Gesetzgeber so auch gewollter Zwang.[10] Und der Wille des Gesetzgebers, den Rechtsanwalt zur Gebührenvereinbarung geradezu zu zwingen, wird sicherlich auch dadurch unterstrichen, dass die Gestaltung derartiger Vereinbarungen keinerlei Formalien unterliegt und der Rechtsanwalt auch inhaltlich alles und jedes frei vereinbaren kann. § 3a RVG stellt in Abs. 1 S. 4 klar, dass die Sätze 1 und 2 dieser Vorschrift für Gebührenvereinbarungen nach § 34 RVG gerade nicht gelten. Soweit § 3a Abs. 1 S. 3 RVG namentlich nicht aufgeführt ist, ist dies keineswegs ein redaktionelles Versehen und entgegen der Auffassung von Fölsch muss die Hinweiserteilung von § 3a Abs. 1 S. 3 RVG bei einer Gebührenvereinbarung des § 34 RVG auch keineswegs deshalb erfolgen, weil sich die Ausnahmeregelung des § 3a Abs. 1 S. 4 RVG hierauf nicht erstreckt.[11]

 

Rz. 19

Vielmehr ist die in § 3a Abs. 1 S. 3 RVG vorzufindende Verpflichtung, einen Hinweis auf die Erstattungsfähigkeit lediglich der gesetzlichen Gebühren zu erteilen, bei einer Gebührenvereinbarung nach § 34 RVG ipso jure überflüssig, da es im Beratungsbereich ja eben keine gesetzliche Vergütung mehr gibt, ein entsprechender Hinweis also ins Leere gehen würde. Dies sei nur vorsorglich erwähnt, da bei der Erstellung von Vollmachten Erstattungsfragen bekanntlich ohnehin keine Rolle spielen.

 

Rz. 20

Schließlich ist der Rechtsanwalt aber auch bei der Entscheidung frei, wie er die Gebührenvereinbarung gestaltet, ob er also für die Beratungstätigkeit oder für den Entwurf der Vollmacht eine feste Pauschale verlangt oder ob er es beispielsweise vorzieht, nach Zeitaufwand (Stundenhonorar) abzurechnen.

 

Rz. 21

Auf die folgenden Muster wird verwiesen (siehe Rdn 34 f.). Denkbar ist es natürlich auch, die Anwendung des alten Rechts (VV 2100 ff. RVG a.F.) zu vereinbaren, da man sich dann wohl kaum dem Vorwurf ausgesetzt sieht, eine unangemessene Vergütung oder gar eine überraschende Vergütung vereinbart zu haben. Allerdings erscheint es in einem solchen Fall nicht ausreichend, nur auf das RVG in der Fassung bis zum 30.6.2006 zu verweisen. Die alten Regeln in VV 2100 ff. RVG sollten namentlich erwähnt, inhaltlich wiedergegeben und dann natürlich mit dem Hinweis nach § 49b V BRAO versehen sein, wonach gegenstandswertorientiert abgerechnet wird.

 

Rz. 22

Das Gesetz sieht eigentlich vor, dass die Gebührenvereinbarung vor Übernahme des Mandates zu treffen ist, um dem Mandanten die Freiheit zu gewähren, selbst zu entscheiden, ob er den Gebührenvorschlag nun annimmt oder nicht. Ist der Abschluss einer Gebührenvereinbarung verabsäumt worden, etwa weil man – in Unkenntnis der oben dargestellten Rechtsprechung – auf die Abrechnungsmöglichkeit nach VV 2300 RVG (Geschäftsgebühr) vertraute oder weil man sich die vermeintlichen Schwierigkeiten eines Preisgespräches ersparen wollte oder weil die Gebührenvereinbarung schlichtweg vergessen wurde, so dürfte eine spätere Gebührenvereinbarung gegebenenfalls auch nach Abschluss des Mandates immer noch möglich sein, wenn der Mandant in voller Kenntnis der Sach- und Rechtslage zustimmt.

 

Rz. 23

Ganz einfach dürften solche Gespräche allerdings zu einem so späten Zeitpunkt nicht mehr werden, weil der Mandant dann sicherlich auch die Aufklärung darüber verlangen kann, dass ohne eine – nachträgliche – Gebührenvereinbarung sich das Honorar auf max. 250 EUR zuzüglich ...

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