Rz. 327

Anfechtungsgründe können sein: Irrtum, Drohung oder Täuschung (§§ 2281 Abs. 1, 2078 BGB) oder das Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten als vom Gesetz vermuteter Irrtum (§§ 2281 Abs. 1, 2079 BGB). Voraussetzung für eine Anfechtung wegen des Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten ist aber, dass dieser zum Zeitpunkt der Anfechtung noch vorhanden ist, § 2281 Abs. 1 Hs. 2 BGB.

Anfechtung des Ehegatten-Erbvertrags nach der Trennung der Eheleute: Ist ein Rücktrittsrecht nicht vorbehalten (§ 2293 BGB) und liegen auch die Voraussetzungen für ein gesetzliches Rücktrittsrecht (§§ 2294, 2295 BGB) nicht vor, so kommt eine Anfechtung wegen Motivirrtums gem. §§ 2281, 2078 Abs. 2 BGB in Betracht. § 2281 Abs. 1 BGB gewährt dem Erblasser eine Anfechtungsmöglichkeit, deren Tatbestände grundsätzlich dieselben sind wie bei der Testamentsanfechtung, §§ 2281, 2078, 2079 BGB. Im Falle der Trennung der Eheleute ist die Tatsache der Trennung ein Irrtum über einen künftigen Umstand i.S.v. § 2078 Abs. 2 BGB (Annahme, man werde weiterhin nicht getrennt leben).

 

Rz. 328

Form und Frist der Anfechtung: Die Anfechtung muss durch den Erblasser persönlich erklärt werden, § 2282 Abs. 1 BGB; für einen geschäftsunfähigen Erblasser handelt der Betreuer mit Genehmigung des Betreuungsgerichts, § 1851 Nr. 4 BGB (bis 31.12.2022: § 2282 Abs. 2 Hs. 2 BGB a.F.). Die Anfechtungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung, § 2282 Abs. 3 BGB, und muss zu Lebzeiten des Vertragspartners diesem gegenüber erklärt werden, § 143 Abs. 2 BGB, nach dem Tod des Vertragspartners gegenüber dem Nachlassgericht, § 2281 Abs. 2 BGB. Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr, § 2283 Abs. 1 BGB, und beginnt im Falle eines Irrtums mit Kenntnis vom Irrtum, § 2283 Abs. 2 BGB, im Falle der Drohung mit Beendigung der Zwangslage.

Die Jahresfrist zur Anfechtung des Erbvertrags ist eine Ausschlussfrist. Sie kann weder verlängert noch kann gegen ihre Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Deshalb muss der Rechtsberater, der wegen einer in Betracht kommenden Anfechtung aufgesucht wird, rasch alle denkbaren Umstände aufklären.

 

Rz. 329

Die Anfechtungserklärung muss dem anderen Vertragsteil in Ausfertigung zugehen, beglaubigte Abschrift reicht nicht.[404] Dies muss überwacht werden.

[404] BayObLGZ 1963, 260.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge