Rz. 522

OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.7.2004 – II-7 UF 227/03:[622]

Zitat

1. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit eines Ehevertrages ist auch bei möglicher Erhebung einer Leistungsklage im Rahmen des Scheidungsverbundes dann anzuerkennen, wenn die Durchführung des Feststellungsprozesses unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sachgemäßen Erledigung der Streitpunkte in der Sache führt, und auch die Parteien bei objektiver Betrachtungsweise ein gesteigertes Interesse an einer im Übrigen auch der Rechtssicherheit dienenden einheitlichen Feststellung haben, die jedenfalls grundsätzlich zur Befriedung der Parteien geeignet ist (Anschluss OLG Stuttgart, 23.11.1983, 18 UF 150/82).

2. Ein Ehevertrag, in dem der wechselseitige Unterhaltsausschluss sowie Gütertrennung vereinbart wurde, ist sittenwidrig und insgesamt nichtig, wenn er eine eindeutige und einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau aufweist, die diese unerträglich stark benachteiligt. Dies ist der Fall, wenn nach der ausdrücklich geregelten Rollenverteilung zwischen den Eheleuten der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwangeren Ehefrau alleinverantwortlich die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übertragen wurde, wobei sie eine künftige Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit an den Familieninteressen zu orientieren hatte, und ihr damit im Verhältnis zum Ehemann, der aufgrund qualifizierterer Ausbildung absehbar über ein höheres Einkommen verfügen wird, eindeutig die wirtschaftlich schwächere Rolle zugewiesen wurde, weil sie den Einkommensunterschied niemals hätte aufholen und die durch die Kinderbetreuung zwangsläufig entstehende Lücke nicht hätte schließen können.

3. Hängen die Regelungen des Ehevertrages jeweils voneinander ab und sind insoweit als einheitliches Vertragswerk anzusehen, das nicht in einzelne Teile zerschlagen werden kann, so ist der gesamte Ehevertrag nichtig.1.

[622] OLGR Düsseldorf 2004, 505 = NJW-RR 2005, 1 = FamRZ 2005, 282; Grziwotz, FamRB 2004, 381. Vgl. ausführlich hierzu Manderscheid, ZFE 2005, 76. Vorher schon die Feststellungsklage grundsätzlich für zulässig haltend: BGH FamRZ 2004, 691. Zu Verfahrensstrategien bei der Geltendmachung der Sittenwidrigkeit von Eheverträgen u.a. im Wege der Zwischenfeststellungsklage, vgl. Kogel, FamRB 2006, 117.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge