Rz. 30

Die Wertvorschriften gelten für alle Unterhaltsarten: Nachehelicher Unterhalt §§ 1569 ff. BGB; Getrenntlebensunterhalt § 1361 BGB; Familienunterhalt § 1360 BGB, Verwandten- insbesondere Kindesunterhalts §§ 1601 ff. BGB; Unterhalt der nichtehelichen Mutter § 1615l BGB; Unterhalt gem. §§ 5, 12, 16 LPartG.

1. Laufender (= künftiger) Unterhalt, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. §§ 35, 51 Abs. 1 FamGKG (Jahresbetrag)

 

Rz. 31

Der "Gegenstand" wird durch den Antrag bestimmt. Maßgebend ist der Jahresbetrag oder der geringere geforderte Betrag. Ob der Unterhalt ganz oder teilweise freiwillig[44] bezahlt wird, spielt keine Rolle, weil es nur auf den Antrag ankommt. Auch wenn – bei regelmäßiger freiwilliger Zahlung – nur ein Titulierungsinteresse besteht, gilt der volle Wert gem. Antrag.[45] Hat der Kläger das anteilige Kindergeld richtigerweise abgezogen, ist der Verfahrenswert entsprechend geringer. Darauf, ob das Kindergeld abgezogen werden musste, kommt es bei der Wertberechnung nicht an, weil sich der Wert allein nach dem Antrag richtet.[46] Der Jahresbetrag gilt auch dann, wenn z.B. Unterhalt auf drei Jahre befristet gefordert wird. Wird Unterhalt gestaffelt gefordert (z.B. drei Jahre voller Unterhalt, dann zwei Jahre die Hälfte, dann keiner mehr), ist es immer noch der Jahresbetrag der ersten 12 Monate ab Einreichung, der den Verfahrenswert bestimmt. Befristungsfälle haben keinen speziellen Verfahrenswert. Das Verhalten des Antragsgegners hat keinen Einfluss. Ob der Antragsgegner allein Abweisung beantragt oder ob er Abweisung und hilfsweise Befristung beantragt, spielt bei der Bemessung des Verfahrenswertes keine Rolle.

[44] OLG Schleswig, Beschl. v. 5.7.2016 – 10 WF 123/16, BeckRS 2016, 16097.
[45] Vgl. § 35 FamGKG; OLG Hamburg FamRZ 2013, 2010 = AGS 2013, 184 m. Anm. N. Schneider; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1000 Rn 198 (voller Wert entsprechend dem Verfahrensauftrag für Verfahrens- und Terminsgebühr).
[46] Hillach/Rohs, § 55 B I e m.w.N.; OLG Braunschweig JurBüro 1996, 367 m.w.N.

a) Einzelheiten zum Jahresbetrag

 

Rz. 32

Maßgebend soll der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag sein (Einreichung des Antrags, weder Zustellung noch Einreichung des Verfahrenskostenhilfeantrags!). Diese Formulierung wurde mit Wirkung ab 1.7.1998 in den damaligen § 17 Abs. 1 GKG eingefügt und von dort in die Neufassung ab 1.7.2004 und dann in § 51 Abs. 1 FamGKG übernommen. Zweck der damaligen Gesetzesänderung war die Vereinfachung der Streitwertberechnung. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden. Unstreitig ist, dass der Zwölf-Monats-Zeitraum am 1. desjenigen Monats beginnt, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag bei Gericht eingereicht wurde (nicht: in dem er zugestellt wurde).

b) Jahresbetrag und Erhöhung des "Antrags"

 

Rz. 33

Der Gesetzestext wird so verstanden, dass mit der "Einreichung des Antrags" allein die Einreichung des das Verfahren eröffnenden Antrags gemeint ist. Wenn während des Zwölf-Monats-Zeitraums dieser Antrag auf laufenden Unterhalt erhöht wird, nimmt eine Auffassung an, dass die Erhöhung des Antrags in die Zwölf-Monats-Berechnung nur insofern eingehen soll, als für die Monate ab Erhöhung des Antrags bis zum Ablauf des Zwölf-Monats-Zeitraums ab Einreichung des das Verfahren einleitenden Antrags (genauer: ab dem Monatsersten des der Einreichung folgenden Monats) die höheren Werte, also die Werte des Erhöhungsschriftsatzes gelten sollen (s. unten Beispiel 1 unter Rdn 35). Der Wortlaut (auch die Erhöhung wird mit einem "Antrag" geltend gemacht) und die Praktikabilität sprechen dafür, den Zwölf-Monats-Zeitraum ab Erhöhung zu rechnen; dafür spricht auch die überlegung, dass kein Grund ersichtlich ist, dass ein Verfahren, das mit einem geringeren Wert begonnen und einem höheren Wert fortgesetzt wird, durchgehend nach dem geringeren Wert berechnet werden sollte.[47]

Die zweite Auffassung geht davon aus, dass im Falle der Antragserweiterung auf den Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung und nicht auf den Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung abzustellen ist.[48] Gem. § 34 FamGKG ist auch für die Antragserweiterung grundsätzlich der Tat maßgeblich, an dem der jeweilige Antrag eingereicht wird.[49]

 

Rz. 34

Offen geblieben ist bisher, wie sich die Anwaltsgebühren berechnen, wenn die Änderung des Antrags innerhalb der ersten zwölf Monate eine Ermäßigung ist. Geht man genauso vor wie bei der Erhöhung, würden die zunächst aus dem höheren Wert schon verdienten Anwaltsgebühren nachträglich absinken. Einmal verdiente Gebühren können aber nach den Grundsätzen des Gebührenrechts nicht nachträglich entfallen. Sie bleiben bestehen, die Ermäßigung des Verfahrenswertes wirkt sich nur auf die Gerichtskosten aus.

 

Rz. 35

 

Beispiel 1

Am 10.1.2017 wird ein Unterhaltsantrag auf laufend monatlich 600,00 EUR ab 1.2.2017 eingereicht, am 16.4.2017 wird ein Erhöhungsschriftsatz auf Erhöhung ab 1.5.2017 auf 1.000,00 EUR bei Gericht eingebracht.

Wert dieses Verfahrens:

 
vom 1.2.2017 bis 30.4.2017: 3 × 600,00 EUR = 1.800,00 EUR
vom 1.5.2017 bis 31.1.2018: 9 × 1.000,00 EUR = 9.000,00 EUR
Summe gem. § 22 Abs. 1 RVG 10.800,00 EUR
 

Beispiel 2

Am 10.1.2017 wird ein Unterhaltsantrag auf laufend ...

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