a) Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG

 

Rz. 4

Die Vergütung für die Vollstreckung von Testamenten gehört nach der nicht abschließenden Aufzählung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit.[3] Die Tätigkeit umfasst sämtliche Aufgaben, die dem Testamentsvollstrecker durch die Anordnungen des Erblassers oder durch Gesetz zugewiesen sind.[4] Auch die Führung oder Überwachung eines zum Nachlass gehörenden Gewerbebetriebes als Vertreter oder Treuhänder des Erben oder Vermächtnisnehmers führt nicht zur Gewerblichkeit der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers; denn nur die Erben oder Vermächtnisnehmer sind insoweit gewerbliche (Mit-)Unternehmer.[5]

[3] Kanzler, FR 1994, 114.
[4] Korn/Korn, EStG, § 18 Rn 97.
[5] BFH v. 1.6.1978 – IV R 36/73, BStBl II 1978, 499; BFH v. 16.5.1995 – VIII R 18/93, BStBl II 1995, 714; Möhring/Sebrecht, BB 1974, 1561; Herrmann/Heuer/Raupach/Brandt, EStG, § 18 Rn 261.

b) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Rz. 5

Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare erzielen als sog. Katalogberufler i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG grundsätzlich Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Werden sie auch im Bereich der Testamentsvollstrecker tätig, so kann sich ein Qualifikationskonflikt zu § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ergeben, der für die Möglichkeit der gewerblichen Prägung der Leistungen von Bedeutung sein kann (siehe unten Rdn 7 ff.)

c) Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG

 

Rz. 6

Die einmalige oder nur gelegentlich ausgeübte Testamentsvollstreckung fällt nicht unter § 18 EStG, wenn die Tätigkeit nicht nachhaltig und mit Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfolgt. Die Dauer der Tätigkeit ist dabei ohne Bedeutung. Derart entgeltliche Leistungen im Privatbereich fallen als sonstige Leistungen unter § 22 Nr. 3 EStG,[6] sofern die Einkünfte eine Freigrenze von 256 EUR im Kalenderjahr erreichen oder übersteigen. Bereits die Absicht, die Tätigkeit bei nächster sich bietender Gelegenheit zu wiederholen, begründet jedoch eine hinreichende Nachhaltigkeit, so dass auch eine einmalige Tätigkeit bereits zu Einkünften aus § 18 EStG führen kann, da die Erfassung unter § 22 Nr. 3 EStG grundsätzlich subsidiär zu den anderen Einkunftsarten ist.

d) Gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 1 und 2 EStG

 

Rz. 7

Im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, z.B. im Rahmen eines Katalogberufes als Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar oder beratender Betriebswirt, darf sich der Freiberufler nach Maßgabe des Satzes 3 der Vorschrift der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, ohne dass seine Tätigkeit damit den Charakter eines Gewerbebetriebes annehmen würde. Er kann seine Arbeitsleistung damit bis zu einer gewissen Leistungsspanne ausdehnen und "vervielfältigen"; Voraussetzung ist jedoch, dass er dabei aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Durch die Einfügung von Satz 3 in die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG reagierte der Gesetzgeber im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 1960 auf die zunehmend arbeitsteilige Berufsausübung auch von Freiberuflern, die ansonsten aufgrund der bis dahin von der Rechtsprechung verfolgten sog. Vervielfältigertheorie in die Gewerblichkeit abzudriften drohten.

 

Rz. 8

Im Rahmen der vermögensverwaltenden Tätigkeiten i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG blieb es hingegen mangels gesetzlicher Regelungen zunächst weiter bei der Geltung der Vervielfältigertheorie.[7] Danach werden sonstige selbstständige Tätigkeiten wie die des Testamentsvollstreckers als gewerblich qualifiziert, wenn sie in ihrem Kernbereich nicht mehr auf der eigenen Arbeitskraft des Berufsträgers beruhen, insbesondere wenn der Umfang der Tätigkeit die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder aber die Einschaltung von Subunternehmern erforderlich macht und diese nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende und mechanische Tätigkeiten übernehmen.[8] Entscheidend ist im Einzelfall das Gesamtbild der Verhältnisse. Nach h.M. reichte es jedoch bereits aus, wenn mehr als ein qualifizierter Mitarbeiter beschäftigt wird.[9]

 

Rz. 9

Steuerliches Gefahrenpotential drohte nach dieser Sichtweise damit insbesondere bei Freiberuflern, die in einer Personengesellschaft zusammengeschlossen sind. Denn nach der sog. "Abfärbe"- oder "Infektions"-Theorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sind die Einkünfte einer Personengesellschaft, die neben freiberuflichen Einkünften auch gewerbliche Einkünfte erzielt, vollumfänglich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren. Neben der Gewerbesteuerpflicht zieht dies für Überschussermittler nach Aufforderung durch das Finanzamt gem. § 141 AO auch die Verpflichtung zum Übergang zur Bilanzierung nach sich. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, bleibt die Möglichkeit, potentiell gewerbesteuerpflichtige Tätigkeiten höchstpersönlich im Namen und für Rechnung des einzelnen Mitunternehmers in dessen Sonderbetriebsbereich abzuwickeln; eine Abfärbung vom Sonder- auf den Gesamthandsbereich des Mitunternehmers einer Personengesellschaft ist ausgeschlossen.[10] Die Ausgründung einer sel...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge