(1) Hinnahmeverpflichtungen

 

Rz. 55

An dieser Stelle soll ein kurzer Überblick über die möglichen Verpflichtungen gegeben werden. Wenn man von einem weiteren Begriff der Eigentumsbeeinträchtigung ausgeht, so kommt man in der Praxis relativ häufig zu einer Beeinträchtigung dieses Rechtsguts und damit – gerade in Baustreitigkeiten – zu der Frage, inwieweit eine Einschränkung der Abwehrrechte eines Nachbarn durch das Institut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses vorgenommen werden muss. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass eine sinnvolle Nutzung des Grundstücks dem Eigentümer nicht mehr möglich ist, da im Prinzip jegliche Nutzung eines Grundstücks zu irgendeiner theoretischen Interaktion mit dem Grund und Boden des Nachbarn führt. Für den Bereich der Imponderabilien ist durch den unter Rdn 18 ff. bereits beschriebenen § 906 BGB eine weitestgehend hinreichende Regelung getroffen worden. Eine Ausnahme gilt hier regelmäßig nur für die im Folgenden noch näher ausgeführten besonders kurzfristigen und damit zeitlich ohne Weiteres überschaubaren Beeinträchtigungen. Grobkörperliche Immissionen lassen sich im Regelfall mit den Vorschriften der §§ 1004, 862 BGB abwehren. Auch hier sind regelmäßig nur Ausnahmen bei besonders kurzen Einwirkungen und beim sogenannten "sozialüblichen Verhalten" einschlägig.[26] Eine besondere Abweichung von dem vorstehenden Grundsatz stellen daneben die leges speciales der §§ 912, 917 BGB dar, welche den sogenannten "Überbau" bzw. den "Notweg" regeln. Dort ist unter spezifischen Voraussetzungen die Duldungspflicht des berührten Nachbarn ausgestaltet.

[26] Vgl. AG Passau v. 9.3.1984 – 11 C 708/82 – NJW 1983, 2885; LG Augsburg v. 24.8.1984 – 4 S 2099/84 – NJW 1985, 499; OLG Köln NJW 1985, 2335; AG Diez v. 19.10.1984 – 3 C 440/84 – NJW 1985, 2339; LG Oldenburg v. 15.11.1984 – 9 T 1009/85 – NJW-RR 1986, 883.

(2) Pflichten zur Unterlassung der Ausübung der nachbarlichen Rechte

 

Rz. 56

Die vorstehend skizzierten Ansprüche auf Duldung können spiegelbildlich als Unterlassungsverpflichtungen formuliert werden. Dabei ist stets der Ausgangspunkt jeder Betrachtung der Gedanke, dass die Eigentumsverhältnisse an einem Grundstück letztlich definiert und gleichsam wirksam begrenzt werden müssen. Im Übrigen werden die bereits angesprochenen Verpflichtungen lediglich nach der jeweiligen Perspektive ausgestaltet. Dies bedeutet, dass auch ein Nachbar gehalten sein kann, seine "ihm zustehenden Rechte" nur in einem bestimmten, angemessenen Rahmen auch tatsächlich auszuüben und darüber hinausgehende Handlungen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu unterlassen.

(3) Sonderfälle: Zusammenwirken von § 905 S. 2 und § 242 BGB

 

Rz. 57

Die Sonderfälle des Zusammenwirkens von § 905 S. 2 und § 242 BGB sowie die – notwendige – Differenzierung zwischen permanenten und temporären Einwirkungen können hier nicht im Detail ausgeführt werden. Dies ist aber im Einzelfall gesondert zu betrachten.[27]

[27] Wirth/Boisserée/Fuchs, Grundzüge des Baunachbarrechts, S. 114 ff.

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