Rz. 57

Angerechnet wird nicht nur auf die volle Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV, sondern auch auf die reduzierte Verfahrensgebühr der Nr. 3101 Nr. 1 oder Nr. 2 VV.[22]

 

Beispiel 32: Anrechnung bei vorzeitiger Erledigung

Der Anwalt macht außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR geltend. Die außergerichtlichen Verhandlungen scheitern, sodass er daraufhin den Auftrag zur Klageerhebung erhält. Vor Einreichung der Klage zahlt der Schuldner die 8.000,00 EUR, sodass die Klage nicht mehr erhoben wird.

Im Rechtsstreit entsteht jetzt Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV nach nur in Höhe von 0,8 (Nr. 3101 Nr. 1 VV). Auf diese Gebühr ist die Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen (1,5 : 2 = 0,75), sodass also von der Verfahrensgebühr letztlich nur 0,05 verbleiben.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Gerichtliches Verfahren
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV   401,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 376,50 EUR
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 45,10 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   8,57 EUR
Gesamt   53,67 EUR
 

Rz. 58

Auch im Falle der Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 2 VV ist anzurechnen. Zu Problemen kann es hier allerdings dann kommen, wenn noch die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG hinzu kommt (siehe Rdn 59).

 

Beispiel 33: Anrechnung bei bloßen Verhandlungen

Der Anwalt macht außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung in Höhe von 5.000,00 EUR geltend. Später erhebt der Gegner Klage über eine Gegenforderung in Höhe von 2.000,00 EUR. Insoweit war der Anwalt außergerichtlich nicht tätig. Im Termin versuchen die Parteien und ihre Anwälte, eine Einigung zu erzielen und beziehen dabei die Forderung über 5.000,00 EUR in die Vergleichsverhandlungen mit ein. Die Verhandlungen scheitern jedoch.

Außergerichtlich ist nur eine Geschäftsgebühr aus 5.000,00 EUR entstanden, die hier mit 1,3 angenommen werden soll (Anm. zu Nr. 2300 VV). Im gerichtlichen Verfahren entsteht die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV zu 1,3 aus 2.000,00 EUR und aus den weiteren 5.000,00 EUR in Höhe von 0,8, da insoweit lediglich über nicht anhängige Gegenstände verhandelt worden ist (Nr. 3101 Nr. 2, 2. Alt. VV). Auf die ermäßigte Gebühr ist die Geschäftsgebühr hälftig, also mit 0,65, anzurechnen, sodass also von der 0,8-Verfahrensgebühr letztlich nur 0,15 verbleiben.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   434,20 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 454,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   86,30 EUR
Gesamt   540,50 EUR
II. Gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   215,80 EUR
  (Wert: 2.000,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV   267,20 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 217,10 EUR
  0,65 aus 5.000,00 EUR    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 285,90 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   54,32 EUR
Gesamt   340,22 EUR
[22] BGH AGS 2008, 539 = NJW 2008, 3641 = RVGreport 2008, 455.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge