Rz. 130

Des Weiteren kann der Testamentsvollstrecker auch Anträge beim Nachlassgericht stellen, wie z.B. die Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten unter Mittestamentsvollstreckern nach § 2224 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB oder einen Antrag auf Aufhebung einer Verwaltungsanordnung nach § 2216 Abs. 2 BGB. Dabei handelt es sich freilich nicht um eigentliche "Amtsklagen", sondern lediglich um einfache Anträge im FamFG-Verfahren.

 

Rz. 131

Sofern Meinungsverschiedenheiten zwischen den Testamentsvollstreckern bestehen, die sich auf die Führung des Amts beziehen, insbesondere z.B. bei Fragen, wie die im Nachlass befindlichen Kapitalanlagen weiter verwaltet werden sollen oder wie der Auseinandersetzungsplan lauten soll, kann jeder einzelne Testamentsvollstrecker beim Nachlassgericht einen Antrag nach § 2224 Abs. 1 Hs. 2 BGB stellen. Es ist nicht notwendig, dass alle Testamentsvollstrecker einen Antrag beim Nachlassgericht einreichen.[263] Andere Beteiligte wie Erben sind nicht antragsberechtigt, da diesen die Möglichkeit aus § 2216 BGB zusteht.[264]

 

Rz. 132

Muster 8.25: Entscheidung des Nachlassgerichts bei Meinungsverschiedenheiten der Testamentsvollstrecker

 

Muster 8.25: Entscheidung des Nachlassgerichts bei Meinungsverschiedenheiten der Testamentsvollstrecker

An das Nachlassgericht

_________________________

In der Nachlasssache des am 28.2.2016 verstorbenen Otto Normalerblasser

Az.: _________________________

vertrete ich unter Vorlage der Vollmacht den Testamentsvollstrecker _________________________ und bitte um Entscheidung im Rahmen einer Meinungsverschiedenheit unter Mittestamentsvollstrecker gem. § 2224 Abs. 1 Hs. 2 BGB und beantrage wie folgt zu beschließen:

1. Der Testamentsvollstrecker _________________________ ist berechtigt, die im Nachlass befindlichen 123 Aktien der XY AG (ggf. nähere Beschreibung der Aktien) zu veräußern und vom Erlös Edelmetalle zu kaufen.[265]
2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Antragstellers zu erstatten.

Begründung:

Der Antragsteller ist Testamentsvollstrecker des am 28.2.2016 verstorbenen Otto Normalerblasser. Ausweislich der in der Anlage A 1 beigefügten letztwilligen Verfügung ist Testamentsvollstreckung angeordnet worden. Dabei setzte der Erblasser den Antragsteller und den Antragsgegner zu Mittestamentsvollstreckern mit identischem Aufgabenkreis ein. Es wurde Verwaltungsvollstreckung angeordnet.

Ausweislich des in der Anlage als A 2 beigefügten Nachlassverzeichnisses befinden sich im Nachlass 123 Aktien der XY AG. Aufgrund der Streichung der Förderung von Solaranlagen ist die XY AG ausweislich der in der Anlage A 3 beigefügten Finanzberichte und Bestätigung der A Bank in eine starke betriebswirtschaftliche Schieflage geraten. Der Aktienkurs ist innerhalb kurzer Zeit um 30 % gefallen. Die in der Anlage A 4 beigefügten Banken- und Analystenprognosen sehen die Aktien weiter im Sturzflug. Hintergrund der Testamentsvollstreckung war die Absicherung der Ausbildung des Sohnes des Erblassers, der noch minderjährig ist und für den die Ausbildung finanziell garantiert werden sollte. Da erhebliche Verluste zu befürchten sind, ist eine Umschichtung dringend geboten _________________________ (weitere Ausführungen).

Der Antragsgegner weigert sich, an der notwendigen und zweckmäßigen Umschichtung mitzuwirken.

Es entspricht der Billigkeit, dass der Antragsgegner dem Antragsteller die Kosten gem. § 81 FamFG erstattet.

Rechtsanwalt

 

Rz. 133

Erst mit Rechtskraft wird die Entscheidung des Nachlassgerichts wirksam (§§ 355 Abs. 2, 40 Abs. 3 FamFG). Gegen die Entscheidung steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (gem. §§ 58 Abs. 1, 355 Abs. 2 FamFG (Zwei-Wochen-Frist)) zur Verfügung, sofern über Meinungsverschiedenheiten bzgl. der Vornahme eines Rechtsgeschäfts entschieden wurde. Andernfalls braucht lediglich die einfache Beschwerde eingelegt zu werden. Nur der Antragsteller ist nach Maßgabe von § 59 Abs. 2 FamFG gegen die Antragsablehnung beschwerdeberechtigt. Sofern die Rechte beeinträchtigt sind, kann jeder Testamentsvollstrecker, auch gegen eine stattgebende Entscheidung, Rechtsmittel einlegen. Besteht Gefahr im Verzuge, kann die sofortige Wirksamkeit angeordnet werden gem. § 59 Abs. 2 FamFG. Andernfalls wird die Entscheidung erst mit Rechtskraft wirksam (§ 40 Abs. 3 S. 2 FamFG). Mit Inkrafttreten des FamFG gibt es keine unbefristeten Beschwerden mehr. Die Beschwerdefrist beträgt bei Entscheidungen über Meinungsverschiedenheiten zwei Wochen nach § 355 Abs. 2 FamFG.

 

Rz. 134

Nach KV Nr. 12420 GNotKG fällt eine 0,5 Gebühr für das Verfahren über sonstige anlässlich einer Testamentsvollstreckung zu treffenden Anordnungen an.[266] Der Betrag für die Gerichtskosten kann wegen § 2206 BGB aus dem Nachlass durch den Testamentsvollstrecker entnommen werden. Sofern der Streit im Interesse des Nachlasses erforderlich ist, dürfen auch die Rechtsanwaltskosten dem Nachlass entnommen werden. Allerdings dürfte hier gerechtfertigt sein, immer einem beteiligte...

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