Rz. 14

Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VersAusglG). Mit dieser Bestimmung wird deutlich gemacht, dass der Versorgungsausgleich nicht zwangsläufig gesondert von den sonstigen Vermögensangelegenheiten zu regeln ist. Der Gesetzgeber hält es ausdrücklich für zulässig, im Rahmen einer notariellen Vereinbarung etwa die Stichtagswerte der Anrechte zugrunde zu legen und den Wertunterschied über andere Vermögenswerte zu kompensieren,[14] z.B. durch die Einzahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung, durch die Finanzierung einer Privatrente aus dem in der Ehe erworbenen Sparguthaben oder durch die Überlassung von Immobilien für die Altersvorsorge.[15]

 

Rz. 15

Besondere Probleme bereitet in diesen Fällen die Bewertung von Anrechten. Untauglich wird regelmäßig der nach § 47 Abs. 2 VersAusglG bestimmte "Einkaufswert" der Versorgung sein. Um etwa mit den im Zugewinnausgleich verwendeten Rechengrößen Übereinstimmung zu erzielen, wo es immer um den Verkehrswert, d.h. den Veräußerungswert eines Gegenstandes geht, muss der nach § 47 Abs. 5 VersAusglG ermittelte Barwert der Versorgung eingestellt werden.[16] Außerdem ist zu beachten, dass es beim Versorgungsausgleich (anders als beim Zugewinnausgleich[17]) um Bruttowerte geht, denn die aus dem Versorgungsausgleich fließenden Leistungen unterliegen noch der Steuerpflicht, während die im güterrechtlichen Ausgleich erbrachten Leistungen grds. steuerfrei sind. Die Werte für die Versorgungsanrechte müssen deswegen erst steuerlich bereinigt werden,[18] um zu vergleichbaren Werten zu kommen.[19] I.Ü. steht es den Eheleuten aber auch frei, Vereinbarungen über die Bewertung von Anrechten zu treffen. Das ist allerdings nicht ganz einfach, weil eine Vereinbarung über die Bewertung eines Anrechts immer nur geschlossen werden sollte, wenn überhaupt gewisse Vorstellungen darüber bestehen, wie ein Anrecht zu bewerten ist.

 

Rz. 16

Vereinbarungen über die Einbeziehung des Versorgungsausgleichs in den ehelichen Gesamtvermögensausgleich können v.a. dann sinnvoll sein, wenn einzelne Anrechte dem Wertausgleich bei der Scheidung entzogen sind, (Hauptfall: im Ausland erworbene Versorgungen). Damit können die Eheleute in diesem Fall ihre Angelegenheiten abschließend regeln und sind nicht auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung angewiesen.

 

Rz. 17

Umgekehrt ist der Kompensationsausgleich aber auch nicht ungefährlich. Es besteht die Gefahr, dass ein Ehegatte sich mit weniger wertbeständigen Gegenständen abfinden lässt, die verloren sind, wenn sich das Risiko des Alters oder der Erwerbsunfähigkeit realisiert. Während etwa als Ausgleich einer Altersversorgung die Übertragung einer werthaltigen vermieteten Immobilie in Betracht kommen kann, ist der Ausgleich im Wege der Übertragung von Geldbeträgen oder Aktiendepots wegen der Flüchtigkeit dieser Vermögensgüter eher kein geeigneter Weg, um eine nachhaltige Sicherung des Ausgleichsberechtigten zu bewirken. Mit § 8 VersAusglG wird in diesen Fällen nur in Ausnahmefällen zu helfen sein, weil dessen Eingriffsschwelle zu hoch ist.

 

Rz. 18

 

Beispiel

M und seine Frau F vereinbaren, dass F statt der Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Betriebsrente von M den Porsche übertragen bekommt.[20]

In diesem Fall liegt es nahe anzunehmen, dass die Eheleute keine wirksame Vereinbarung über den Versorgungsausgleich geschlossen haben, weil der Pkw zur Kompensation des Werts der Betriebsrente ungeeignet ist.[21] Ganz eindeutig ist es aber selbst in diesem Fall nicht, die Unwirksamkeit der Vereinbarung zu bejahen. Die Vereinbarung dürfte zumindest in denjenigen Fällen als wirksam anzusehen sein, in denen auch ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht zu beanstanden wäre, etwa weil die F aus anderen Quellen ohnehin schon eine ausreichende Altersversorgung hat.

 

Rz. 19

Außerdem setzt eine Regelung dieser Art eine vollständige Vermögensbilanz voraus, schon damit später beurteilt werden kann, ob sich ggü. der ursprünglichen Planung der Eheleute Abweichungen ergeben haben, sodass die Annahme eines Durchsetzungshindernisses nach § 8 Vers­AusglG in Betracht kommt. Schließlich müssen auch die steuerrechtlichen Folgen bedacht sein, denn diese können beim Versorgungsausgleich und den anderen Ausgleichsformen durchaus unterschiedlich ausfallen.[22]

[14] BT-Drucks 16/10144, S. 52.
[15] Vgl. BGH FamRZ 2014, 629.
[16] Glockner/Hoenes/Weil, § 9 Rn 11; Norpoth, FamRB 2009, 290.
[17] BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367; BGH FamRZ 2011, 622.
[18] Kemper, ZFE 2011, 179, 180; Bredthauer, FPR 2009, 500, 501; Schramm, NJW-Spezial 2009, 292.
[19] Bredthauer, FPR 2009, 500, 501; Schramm, NJW-Spezial 2009, 292.
[20] Beispiel nach Ruland, Rn 938.
[21] Bredthauer, FPR 2009, 500, 501; großzügiger Hk-VersAusglR/Götsche, § 6 VersAusglG Rn 26.
[22] MüKo-BGB/Eichenhofer, § 6 VersAusglG Rn 7; zum Brutto-/Netto-Problem siehe bereits § 7 Rdn 15.

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