Rz. 72

Der Erblasser kann für den Fall Vorsorge treffen, dass der Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls (Ausschlagung, Erbunwürdigkeit, Anfechtung) wegfällt, indem er einen anderen als Erben einsetzt. Der Ersatzerbe nach § 2096 BGB ist streng vom Nacherben gem. §§ 2100 ff. BGB zu unterscheiden. Der Ersatzerbe ist nicht Nachfolger des Erben, sondern ist statt des Erben berufen. Hat der Erblasser eine Ersatzerbenregelung nicht getroffen, so greifen die gesetzlichen Auslegungsvorschriften (§§ 2067, 2068, 2069 BGB). Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge eingesetzt und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge dessen Stelle einnehmen würden (§ 2069 BGB). Nach Auffassung des BGH ist § 2069 BGB nicht über den gesetzlich geregelten Fall ("Abkömmlinge") hinaus auf andere Bedachte anzuwenden.[65] In einem derartigen Fall ist jedoch durch Auslegung zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, die Abkömmlinge des Bedachten zu Ersatzerben zu berufen. Kann der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers nicht festgestellt werden, ist eine ergänzende Auslegung in Betracht zu ziehen. Entscheidend ist hierbei, ob die Zuwendung dem Bedachten als Ersten seines Stammes oder nur ihm persönlich gegolten hat. Die erforderliche Andeutung im Testament kann dann schon in der Tatsache der Berufung dieser Person zum Erben gesehen werden. In jedem Fall ist aber der Erblasserwille anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.[66] Die Erbeinsetzung des nichtehelichen Sohnes des Ehemannes der Erblasserin kann dahin auszulegen sein, dass im Fall des Vorversterbens des Bedachten dessen Abkömmlinge Ersatzerben sein sollen.[67]

[66] BayObLG FamRZ 2001, 516.
[67] BayObLG ZErb 2005, 51.

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