Rz. 109

Für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.

 

Beispiel 40: Verfahren ohne gerichtlichem Termin

Der Anwalt beantragt für die Ehefrau die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind.

Der Anwalt erhält eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) aus dem Wert von 3.000,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 281,30 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   53,45 EUR
Gesamt   334,75 EUR
 

Rz. 110

Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 VV bei vorzeitiger Erledigung auf 0,8.

 

Beispiel 41: Vorzeitige Erledigung

Der Anwalt ist beauftragt, für die Ehefrau die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind zu beantragen. Zur Einreichung des Antrags kommt es nicht mehr, da die Eheleute doch noch untereinander eine einvernehmliche Regelung erzielen.

Der Anwalt erhält jetzt lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr (Nr. 3101 Nr. 1 VV) aus dem Wert von 3.000,00 EUR.

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV   160,80 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 180,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   34,35 EUR
Gesamt   215,15 EUR
 

Rz. 111

Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 2 VV ebenfalls auf 0,8 (siehe Beispiel 52).

 

Rz. 112

Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 3 VV ist unanwendbar.

 

Rz. 113

Ausnahmsweise kommt eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV in Betracht, wenn der Anwalt beide Elternteile hinsichtlich des Sorgerechts vertritt.[33]

 

Beispiel 42: Vertretung beider Elternteile, Sorgerecht

Das Jugendamt beantragt beim FamG, den Eltern die elterliche Sorge zu entziehen. Beide Eltern lassen sich durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten.

Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde.[34] Ausgehend vom Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG ist wie folgt abzurechnen:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV   321,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   241,20 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 582,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   110,73 EUR
Gesamt   693,53 EUR
 

Rz. 114

Ist vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr aus der elterlichen Sorge angefallen (Aufforderung zur Erklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB gegenüber dem Jugendamt), so ist diese Gebühr hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).

 

Beispiel 43: Anrechnung der Geschäftsgebühr

Der Anwalt verlangt für die Kindesmutter außergerichtlich die Zustimmung zur Übertragung der elterlichen Sorge und die Abgabe gemeinsamer Sorgeerklärungen vor dem Jugendamt, was der Ehemann ablehnt. Daraufhin wird ein gerichtliches Verfahren auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge eingeleitet. Der Antrag wird später wieder zurückgenommen, ohne dass mündlich verhandelt worden war.

Der Gegenstand der vorgerichtlichen Tätigkeit ist derselbe wie der des gerichtlichen Verfahrens, so dass nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Ausgehend von der Schwellengebühr ist wie folgt abzurechnen.

 
I. Außergerichtliche Vertretung    
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 281,30 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   53,45 EUR
Gesamt   334,75 EUR
II. Gerichtliches Verfahren    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2.

gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,

0,65 aus 3.000,00 EUR
  – 130,65 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 150,65 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   28,62 EUR
Gesamt   179,27 EUR
 

Rz. 115

Liegt der außergerichtlichen Vertretung eine andere Kindschaftssache zugrunde, ist nicht anzurechnen. Das ist z.B. der Fall, wenn außergerichtlich über das Umgangsrecht verhandelt worden ist.

 

Beispiel 44: Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr bei anderer Kindschaftssache

Der Ehemann verlangt außergerichtlich weitergehende Regelungen zum Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind. Der Anwalt der Ehefrau weist dies zurück. Anschließend wird er beauftragt, die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zu beantragen. Der Antrag wird später wieder zurückgenommen.

Da der außergerichtlichen Vertretung und dem gerichtlichen Verfahren verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, scheidet eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV aus. Ausgehend jeweils vom Regelwert ergibt sich folgende Berechnung:

 
I. Außergerichtliche Vertretung Umgang    
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 281,30 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   53,45 EUR
Gesamt   334,75 EUR
II. Gerichtliches Verfahren elterliche Sorge    
1. 1,3...

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