Rz. 102

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Es gilt ein Regelwert von 3.000,00 EUR.

 

Beispiel 34: Verfahrenswert Sorgerechtsverfahren

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind.

Die Gegenstandswert beträgt 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

 

Rz. 103

Werden wechselseitige Anträge zur elterlichen Sorge gestellt, bleibt es vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG beim einfachen Wert. Auch bei gegenläufigen Anträgen in Kindschaftssachen handelt es sich nur um einen Verfahrensgegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 FamGKG.[25] Die Bewertung ist daher einheitlich aufgrund aller Anträge vorzunehmen. Es liegt kein Fall des § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG vor.

 

Beispiel 35: Wechselseitige Sorgerechtsanträge zum selben Kind

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinschaftliche Kind. Der Ehemann reicht einen Widerantrag ein und beantragt seinerseits die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge an sich.

Die Gegenstandswert beträgt auch hier 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

 

Rz. 104

Betrifft das Verfahren mehrere Kinder, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG).

 

Beispiel 36: Sorgerechtsantrag für mehrere Kinder

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die drei gemeinschaftlichen Kinder.

Die Gegenstandswert beträgt auch hier – vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG – 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

 

Rz. 105

Auch dann, wenn für verschiedene Kinder wechselseitige Anträge gestellt werden, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG).

 

Beispiel 37: Wechselseitige Sorgerechtsanträge zu verschiedenen Kindern

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die gemeinschaftliche Tochter. Der Ehemann stellt einen Widerantrag und beantragt die alleinige elterliche Sorge für den gemeinschaftlichen Sohn.

Der Gegenstandswert beträgt auch hier – vorbehaltlich einer Anhebung nach § 45 Abs. 3 FamGKG – 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

 

Rz. 106

Der Verfahrenswert kann bei Unbilligkeit im Einzelfall herauf- oder herabgesetzt werden (§ 45 Abs. 3 FamGKG). Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn umfangreiche Anhörungen erfolgen,[26] ein ausführliches Sachverständigengutachten eingeholt wird,[27] wenn im Rahmen des Antrags nach § 1671 BGB Maßnahmen nach § 1666 BGB geprüft und weitere Kinder im Verfahrensverlauf einbezogen werden,[28] unterschiedliche Teilbereiche der elterlichen Sorge geltend gemacht und im Verfahren überprüft werden[29] oder andere, vom Durchschnittsfall abweichende, Umstände die Erhöhung des Verfahrenswerts rechtfertigen.[30]

 

Rz. 107

Wird im Verfahren der elterlichen Sorge eine weitere Kindschaftssache mit anhängig gemacht, sind die Werte der einzelnen Kindschaftssachen zu addieren (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG).

 

Beispiel 38: Sorgerechtsantrag und Antrag auf Kindesherausgabe

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die gemeinschaftliche Tochter und beantragt zugleich die Herausgabe des Kindes.

Der Gegenstandswert der elterlichen Sorge beträgt 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG), ebenso der Wert des Antrags auf Kindesherausgabe (§ 45 Abs. 1 Nr. 4 FamGKG). Der Wert des Verfahrens beträgt damit insgesamt 6.000,00 EUR (§ 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG).

 

Rz. 108

Wird eine Zwischeneinigung getroffen, ist grundsätzlich ein geringerer Wert anzusetzen. Die überwiegende Auffassung orientiert sich dabei an § 41 FamGKG und nimmt i.d.R. den hälftigen Wert der Hauptsache an.[31] Das OLG Zweibrücken[32] nimmt 500,00 EUR an. Dieser Wert gilt allerdings nur für die Anwaltsgebühren und ist nach § 33 RVG auf Antrag gesondert festzusetzen.

 

Beispiel 39: Sorgerechtsverfahren mit Zwischeneinigung

Im Verfahren auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge schließen die Beteiligten einen Zwischenvergleich. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR fest (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

Der Gegenstandswert des Zwischenvergleichs ist i.d.R. auf 1.500,00 EUR festzusetzen.

[25] OLG Koblenz AGS 2017, 130 = FamRZ 2017, 55 (zum vergleichbaren Fall des Umgangsrechts).
[26] OLG Celle AGS 2011, 200 m. Anm. Thiel = NJW 2011, 1373 = JurBüro 2011, 257 = FuR 2011, 337 = FamRZ 2011, 993, FamRB 2011, 211 = RVGreport 2011, 270 = FF 2011, 333.
[27] OLG Celle AGS 2011, 200 m. Anm. Thiel = NJW 2011, 1373 = JurBüro 2011, 257 = FuR 2011, 337 = FamRZ 2011, 993, FamRB 2011, 211 = RVGreport 2011, 270 = FF 2011, 333.
[28] OLG Düsseldorf RVGreport 2011, 347 = RVGprof. 2012, 1. Das Gericht hat den Wert des § 45 Abs. 1 FamGKG nach § 45 Abs. 3 FamGKG insoweit um 1.000,00 EUR angehoben.
[29] OLG Celle JurBüro 2012, 426 = AGS 2012, 421 = FamRZ 2012, 1746.
[30] OLG Celle JurBüro 2012, 249 = AGS 2012, 244 = MDR 2012, 779 = FamRZ 2012, 1748.
[31] OLG Koblenz FamRZ 2017, 319; OLG Dresden AGS 2016, 164 = MDR 2016, 241 = JurBüro 2016, 130 = RVGreport 2016, 60 = NZFam 2016, 82 = NJ 2016, 87 = FamRB...

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