Rz. 59

Der Versicherungswert hat Bedeutung für den Fall, dass eine Unterversicherung (Punkt 12.3 AVB Reisegepäck 1992/2008), aber auch eine Überversicherung vorliegt (vgl. Rdn 35, siehe Rdn 72–75). Ferner ist der Versicherungswert maßgeblich für den Fall eines Totalschadens (Punkt 12.1 lit. a AVB Reisegepäck 1992/2008).

 

Rz. 60

Der Versicherungswert entspricht dem Zeitwert (Punkt 9.2 AVB Reisegepäck 1992/2008). Mit Einschluss der Klausel 9 ist jedoch auch eine Absicherung zum Neuwert möglich.

 

Hinweis

Der Zeitwert ist definiert als der Wiederbeschaffungswert, also der Betrag, der am Schadenstag am ständigen Wohnort der versicherten Person ohne Berücksichtigung von persönlichen Rabatten für den Ersatzkauf des beispielsweise gestohlenen Teil des Reisegepäcks aufzuwenden ist, abzüglich eines Minderwertes für Alterung, Abnutzung sowie Gebrauch des betreffenden Reisegepäckteils. Dieser Minderwert wird nicht etwa vom seinerzeitigen Anschaffungspreis abgezogen, vielmehr von dem Wiederbeschaffungspreis. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich um den Wiederbeschaffungspreis einer Sache gleicher Art und Güte handelt. Problematisch kann die Zeitwertermittlung vor allem bei technischen Geräten wegen der ständigen Weiterentwicklungen sein. Der Neuwert entspricht ebenfalls dem vorher dargestellten Wiederbeschaffungswert, jedoch ohne dass Abzüge für Alter und Gebrauch vorgenommen werden. Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast für den Wert der Sache.

 

Rz. 61

Um den durch Gebrauch, Abnutzung, Alter usw. eingetretenen Wertminderungsbetrag zu ermitteln, geht ein Teil der Praxis[61] von festen Pauschalsätzen aus. Die Pauschalsätze beruhen auf Erfahrungswerten und berücksichtigen die durchschnittliche Lebensdauer der versicherten Gegenstände. Das sind zwischen 10 und 25 % jährlich seit Anschaffung bei Kleidung, 30 % p. a. bei Schuhen, 10 % p. a. bei Foto- und Filmapparaten sowie zwischen 10 % p. a. und 10 %–30 % p. a. bei Pelzen. Der Versicherte hat die Möglichkeit, eine unterdurchschnittliche Abnutzung darzulegen und zu beweisen. Hinsichtlich hochpreisiger Gegenstände, wie Pelze und Schmuck, ist sowohl die Langlebigkeit und der geringe, wenn überhaupt vorhandene, Verschleiß der Produkte, als werterhaltender Faktor, ebenso zu berücksichtigen, wie die Tatsache und damit der wertmindernder Faktor, dass auch solche Gegenstände der Mode unterworfen sind. Juweliere bieten z.B. älteren Schmuck im Rahmen von Sonderverkäufen mit teilweise beträchtlichen Nachlässen an. Für gebrauchten Schmuck, den Kunden bei ihrem Juwelier in Kommission geben, gilt dies erst recht.

 

Hinweis

Bei derart hochpreisigen Gegenständen werden Versicherer den genauen Wert häufig durch ein Sachverständigengutachten ermitteln lassen. Aber auch bei kostengünstigen Massenprodukten nutzen die Versicherer die Möglichkeit, über Sachverständige oder sonstige Dienstleister ein Wertgutachten erstellen zu lassen.

 

Rz. 62

Die Versicherungssumme soll dem Versicherungswert des gesamten versicherten Reisegepäcks gemäß Punkt 1 AVB Reisegepäck 1992/2008 entsprechen, wobei auf der Reise erworbene Geschenke und Reiseandenken unberücksichtigt bleiben (Punkt 9.1 Satz 2 AVB Reisegepäck 1992/2008).

Ist die Versicherungssumme höher als der Versicherungswert, liegt eine Überversicherung vor, im umgekehrten Fall eine Unterversicherung. Hinsichtlich der Feststellung einer Unterversicherung und der Berechnung der sich daraus ergebenden Kürzung wird auf nachfolgende Ausführung verwiesen (siehe Rdn 72) verwiesen.

 

Rz. 63

Bei der Berechnung des Versicherungswertes allerdings nach Punkt 9.2, 12.3 AVB Reisegepäck 1992/2008 sind die Entschädigungsgrenzen nach 4 AVB Reisegepäck 1992/2008 außer Acht zu lassen.[62]

Zum Versicherungswert, in den das gesamte versicherte Reisegepäck gemäß Punkt 1 AVB Reisegepäck 1992/2008 einzubeziehen ist, zählen natürlich auch Reisegepäckbestandteile, für die wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzungen der Versicherer reduziert ersatzpflichtig ist.[63] Zu denken ist in diesem Zusammenhang auch an Punkt 5.1 lit. d AVB Reisegepäck 1992/2008, wonach in unbeaufsichtigt abgestellten Kraftfahrzeugen die so genannten Wertgegenstände gar nicht versichert sind.

[61] Beispielsweise OLG Hamm VersR 1986, 544.
[62] OLG Celle VersR 1988, 350.
[63] OLG Düsseldorf r+s 1995, 428.

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