Rz. 66

Punkt 12.1 lit. a AVB Reisegepäck 1992/2008 regelt die Höhe der zu zahlenden Entschädigung für den Fall des Totalverlustes des Reisegepäcks oder eines Teiles hiervon, wenn Zerstörung oder Abhandenkommen vorliegt. Zu ersetzen ist der Versicherungswert, der in der Regel dem Zeitwert entspricht (Punkt 9.2 AVB Reisegepäck 1992/2008), der wiederum als Wiederbeschaffungswert abzüglich des Minderbetrags wegen Alters, Abnutzung oder Gebrauch definiert ist (vgl. Rdn 60 f.).

 

Rz. 67

Liegt im Falle der Beschädigung Reparaturfähigkeit der versicherten Sache vor, so hat der Versicherer die notwendigen Reparaturkosten und gegebenenfalls eine bleibende Wertminderung zu ersetzen, höchstens jedoch den Versicherungswert (Punkt 12.1 lit. b AVB Reisegepäck 1992/2008).

Erfährt die beschädigte Sache durch die Reparatur eine Werterhöhung bezogen auf den Wert im unbeschädigten Zustand, ist diese gegebenenfalls abzuziehen. Regelmäßig wird eine Wertminderung verbleiben, die gesondert zu entschädigen ist.

Die Beschränkung der Entschädigungspflicht auf den Versicherungswert der beschädigten Sache zeigt jedoch, dass das Integritätsinteresse – anders als bei einem unfallbeschädigten Kfz, dessen Reparaturkosten um bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen dürfen – nicht geschützt ist.

 

Rz. 68

Für Punkt 12.1 lit. a und b AVB Reisegepäck 1992/2008 gilt gleichermaßen, dass Kosten für die Wiederbeschaffung der zerstörten oder abhanden gekommenen Sache oder solche, die dadurch entstehen, dass die reparaturfähige Sache mit Kostenaufwand beispielsweise zum Hersteller verschickt werden muss, nicht zu entschädigen sind.

 

Rz. 69

Für Filme, Bild-, Ton- und Datenträger ist nur der Materialwert zu entschädigen (Punkt 12.1 lit. c AVB Reisegepäck 1992/2008). Das gilt aber beispielsweise nicht, wenn die versicherte Person im Verlauf der Reise belichtete Diapositive als Reiseerinnerung erwirbt. Für die Entschädigung dieses Reiseandenkens gelten insoweit die Punkte 12.1 lit. a und 1.2 AVB Reisegepäck 1992/2008.

 

Rz. 70

Vermögensfolgeschäden werden nicht ersetzt (Punkt 12.2 AVB Reisegepäck 1992/2008), versichert ist nur der Sachschaden. Hier ist insbesondere daran zu denken, dass die versicherte Person nach Punkt 15.3 AVB Reisegepäck 1992/2008 bei einem Diebstahl Kosten und Mühe aufwendet, um die zuständige Polizeidienststelle zu erreichen und dort Anzeige zu erstatten. Auch verminderte Urlaubsfreude ist nicht zu entgelten. Bei Verlust eines Wohnungsschlüssels sind demnach auch nur die Kosten des Ersatzschlüssels und nicht die des Schlossaustausches zu erstatten. Nicht dadurch ausgeschlossen sind Aufwendungen zur Vermeidung bzw. Reduzierung eines Versicherungsfalls, z.B. Löschversuche.

 

Rz. 71

Punkt 12.3 AVB Reisegepäck 1992/2008 regelt die Entschädigungspflicht des Versicherers im Falle einer Unterversicherung. In diesem Falle haftet der Versicherer nur nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert.

 

Hinweis

Punkt 9.1 AVB Reisegepäck 1992/2008 geht davon aus, dass die Versicherungssumme dem Versicherungswert des gesamten versicherten Reisegepäcks entsprechen soll. Als Versicherungswert gilt der Zeitwert (Punkt 9.2 AVB Reisegepäck 1992/2008). (Ausnahme: Klausel 9 – Neuwertversicherung, wenn vereinbart).

Nach § 75 VVG wirkt sich die Unterversicherung nur noch dann auf die Versicherungsleistung aus, wenn die Versicherungssumme erheblich niedriger ist als der Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls. Das Gesetzt definiert den Begriff "erheblich" nicht. Es wird allgemein vertreten, die von der Rechtsprechung zu § 57 VVG a.F. (Taxe) angenommene 10 %-Grenze anzuwenden. Dies entspricht auch der bisherigen Praxis.[64]

Bei der Berechnung des Versicherungswertes werden unterwegs erworbene Geschenke und Reiseandenken nicht berücksichtigt (Punkt 9.1 AVB Reisegepäck 1992/2008). Ansonsten ist das gesamte versicherte Reisegepäck zu berücksichtigen (vgl. Rdn 64).

 

Rz. 72

Bei einem versicherten Schadenfall ist also zunächst zu prüfen, ob eine Unterversicherung vorliegt. Ist das der Fall, ist eine entsprechende Kürzung vorzunehmen und erst danach die Entschädigungsgrenze, z.B. bei Wertgegenständen zu beachten.[65]

Im Falle des OLG Hamm betrug die Versicherungssumme 8.000 DM, der nach Punkt 9.2 AVB Reisegepäck 1992/2008 zu berechnende Zeitwert der geraubten Wertsachen 17.072 DM und der Wert des gesamten versicherten Reisegepäcks 37.672 DM.

Nach der Proportionalitätsformel

ergab sich unter Berücksichtigung der Unterversicherung ein zu ersetzender Schaden in Höhe von 3.625,40 DM. Das war weniger als der vereinbarte Prozentsatz der Versicherungssumme (50 % von 8.000 DM = 4.000 DM), so dass sich die Begrenzung aus Punkt 4.1 AVB Reisegepäck 1992/2008 (in diesem Fall 50 %) nicht mehr auswirkte.

 

Rz. 73

Der Versicherer trägt die Beweislast, dass der Versicherungswert die Versicherungssumme übersteigt. Will der Versicherer nur nach den Grundsätzen einer Unterversicherung regulieren, muss er dies gegenüber dem Versicherungsnehmer deutlich machen, dami...

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