Rz. 204

Zugunsten des Rechtsverkehrs wird weiter eine Richtigkeitsfiktion aufgestellt, § 2366 BGB: Erwirbt jemand einen Erbschaftsgegenstand, so gilt zu seinen Gunsten der Inhalt des Erbscheins als richtig, soweit die Vermutung des § 2365 BGB reicht. Darüber hinaus genießen auch Zahlungen an den Erben oder sonstige Verfügungsgeschäfte, wie z.B. Aufrechnung, Bewilligung einer Vormerkung etc., den Verkehrsschutz des § 2367 BGB. Die Schutzwirkung gilt auch dann, wenn der Dritte keine Kenntnis von der Existenz des Erbscheins hatte.[121] Dem Dritten braucht der Erbschein gar nicht vorgelegt werden.[122] So wird z.B. eine Bank durch Zahlung an den "Erbscheinsbesitzer" auch dann frei, wenn dieser den Erbschein gar nicht vorgelegt hat.

Bei mehreren einander widersprechenden Erbscheinen entfällt für jeden Erbschein, soweit ein Widerspruch besteht, nicht nur die Vermutung für seine Richtigkeit, sondern auch die Wirkung des öffentlichen Glaubens.[123]

 

Rz. 205

Der Erbschein entfaltet im Grundbuchverfahren über die materiell-rechtliche Vermutungswirkung des bürgerlichen Rechts hinaus volle Beweiskraft für das Bestehen des in ihm bezeugten Erbrechts.[124]

Das zivilgerichtliche Feststellungsurteil entfaltet präjudizielle Rechtskraft für das Erbscheinsverfahren in den Grenzen seiner subjektiven und objektiven Rechtskraft und bindet das Nachlassgericht bei seiner Entscheidung.[125] Dies soll auch gelten, wenn es sich dabei um ein Versäumnisurteil nach § 331 ZPO handelt.[126] Alle Einwände gegen die Wirksamkeit des Testaments, die vor Eintritt der formellen Rechtskraft erhoben hätten werden können, bleiben im Erbscheinsverfahren unberücksichtigt, es sei denn, dass das zivilgerichtliche Urteil im Restitutionsverfahren aufgehoben wurde.

[121] Grüneberg/Weidlich, § 2366 BGB Rn 2.
[122] BGHZ 33, 317.
[123] BGHZ 33, 317.

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