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Der Erblasser kann seinen nahen Angehörigen gem. §§ 2333 ff. BGB den Pflichtteil entziehen, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen. Durch das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts wurden die Vorschriften des BGB zur Pflichtteilsentziehung reformiert. Die Pflichtteilsentziehungsgründe wurden für alle Pflichtteilsberechtigten vereinheitlicht und in § 2333 BGB zusammengefasst, mit der Folge, dass die §§ 2334, 2335 und 2336 Abs. 4 BGB aufgehoben wurden. Des Weiteren wurde der Katalog der Pflichtteilsentziehungsgründe überarbeitet, den veränderten Wert- und Moralvorstellungen innerhalb der Gesellschaft angepasst und erweitert.

Die Entziehung des Pflichtteils kann weiterhin nur aus den gesetzlich genannten Gründen erfolgen.[20] Die Aufzählung der Gründe in den § 2333 BGB ist abschließend. Eine analoge Anwendung auf weitere Tatbestände wird von der h.M. abgelehnt.[21] Der Grund für die Pflichtteilsentziehung muss zum Zeitpunkt der Entziehung bereits vorliegen und in der letztwilligen Verfügung angegeben werden.[22] Dabei ist ein Sachverhaltskern zu schildern (in letztwilliger Form) nach Zeit, Ort und Art der Taten und der Kreis der Vorfälle ist praktisch einzugrenzen.[23] Die Pflichtteilsentziehung setzt auch immer ein Verschulden des Pflichtteilsberechtigten voraus, wobei auch hier nicht auf den strafrechtlichen Verschuldensbegriff abzustellen ist.[24] Für eine Entziehung nach § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB muss die Tat zur Zeit der Errichtung des Testaments begangen sein und der Grund für die Unzumutbarkeit vorliegen. Beides muss in der letztwilligen Verfügung angegeben werden.

Voraussetzung für eine wirksame Entziehung des Pflichtteils ist im Übrigen betreffend alle Entziehungsgründe, dass sie durch letztwillige Verfügung erfolgt, § 2336 Abs. 1 BGB. Auch die Entziehung des Pflichtteils muss handschriftlich mit Ort und Datum versehen vom Erblasser niedergelegt werden, sofern ein eigenhändiges Testament errichtet wird.

Rechtsfolge einer wirksamen Pflichtteilsentziehung ist der Verlust sämtlicher Ansprüche, die das Pflichtteilsrecht in den §§ 2303 ff. BGB gewährt. Von der Pflichtteilsentziehung mit umfasst ist somit nicht nur der ordentliche Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB, sondern auch das Recht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB, den Restpflichtteil nach §§ 2305, 2307 BGB und das Recht auf den Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB.[25] Das Recht zur Pflichtteilsentziehung erlischt durch Verzeihung (§ 2337 BGB).

[20] BGH NJW 1974, 1084.
[21] BGH NJW 1974, 1084; vgl. auch OLG München ZEV 2003, 367.
[22] BGHZ 94, 36.
[24] Damrau/Tanck/Riedel, § 2333 Rn 6; BVerfGE 112, 332.
[25] Palandt/Weidlich, § 2336 Rn 6.

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