Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 23.06.2006; Aktenzeichen 4 O 23/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.6.2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bochum teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 10.1.2002 verstorbenen Erblassers T., geb. am 24.7.1929, zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, welches insb. folgende Punkte umfasst:

  • alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva);
  • alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden);
  • alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten getätigt hat;
  • alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten getätigt hat.

Zur Entscheidung über die weitergehenden zuletzt gestellten Stufenanträge - Klageanträge auf Wertermittlung und ggf. eidesstattliche Versicherung; bezifferter Leistungsantrag - wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufungsinstanz zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Geschwister und die einzigen Kinder der Eheleute T. Die Mutter der Parteien verstarb am 27.9.1992, der Vater der Parteien verstarb am 10.1.2002. Alleinerbin nach dem Vater der Parteien (im Folgenden: Erblasser) ist die Beklagte. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Erblasser geltend. Hintergrund ist Folgender:

Durch gemeinschaftliches privatschriftliches Testament vom 6.2.1991, eigenhändig verfasst von der Mutter der Parteien und unterschrieben von beiden Eltern der Parteien, setzten diese sich gegenseitig zu Alleinerben und die Parteien zu Schlusserben ein. Ferner heißt es in dem Testament:

"Jeder von uns soll nach Eintritt des Erbfalls - auch testamentarisch - frei verfügen können."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Testaments wird auf Bl. 28-33 der Nachlassakte 20 IV 64/04 AG Bochum verwiesen.

Etwa ab dem Jahre 1992 war der Kläger, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt (Bl. 256 d.A.), Inhaber von drei Firmen, die später allesamt insolvent wurden; dabei handelte es sich u.a. um die T.P. Gebäudereinigung GmbH und der A + T GmbH i.G. Im Zusammenhang mit der Führung seiner Firmen ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn u.a. wegen der Verletzung der Buchführungspflicht, Konkursverschleppung und Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen. Mit Ausnahme von zwei Verfahren wurden alle Ermittlungsverfahren eingestellt: Wegen der Verletzung der Buchführungspflicht in zwei Fällen wurde der Kläger zu einer Gesamtgeldstrafe (Bl. 248; 256 d.A.) verurteilt; durch Urteil des AG - Schöffengerichts - Bochum vom 20.6.2002 wurde der Kläger wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in dem Zeitraum von Januar 1996 bis Juni 1999 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung (Bl. 255 ff. d.A.) verurteilt.

Bei der Neugründung der Firmen Total Putz Gebäudeservice GmbH und der A + T GmbH i.G. kam der Kläger mit der Beklagten überein, dass diese nach außen hin als Geschäftsführerin und Gesellschafterin fungieren sollte, der Kläger aber in Wahrheit der Firmeninhaber sein sollte. In ihrer Funktion als Geschäftsführerin bzw. Gesellschafterin wurde die Beklagte für betriebliche Verbindlichkeiten der beiden Gesellschaften, insb. für Sozialversicherungsbeiträge, in beträchtlicher Höhe in Anspruch genommen; die Inanspruchnahme der Beklagten konnte jedoch letztlich erfolgreich abgewendet werden (Bl. 61 ff. d.A.).

Im Jahre 1999 vermietete der Erblasser eine Wohnung in seinem Mehrfamilienhaus Wartburgstr. 1, Bochum, an den Kläger zu einer monatlichen Miete von 1.000 DM nebst Nebenkostenvorauszahlung von 300 DM. Der Kläger geriet in der Folgezeit mit der Miete in Rückstand. Im Januar 2001 belief sich der Rückstand auf rund 3.340 DM (Bl. 171 d.A.).

Etwa 1999/2000 übertrug der Erblasser sein Hausgrundstück Wartburgstr. 1, Bochum, auf die Beklagte; ob die Übertragung - zumindest teilweise - unentgeltlich erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig (Bl. 5/19; 314 d.A.).

Am 6.10.2000 errichtete der Erblasser ein weiteres privatschriftliches Testament, in dem er die Beklagte zu seiner Alleinerbin einsetzte und den Kläger enterbte.

In dem Testament heißt es u.a.:

"Mein Sohn Reinhold Tarray, geb. am 14.10.1963, ist hiermit enterbt. Ich entziehe ihm darüber hinaus auch den Pflichtteil. Mein Sohn hat sich trotz meiner schweren Krankheit nie um mich gekümmert. Eine Pflege selbst für kürzere Zeit, um seine Schwester zu entlasten, hat er verweigert.

Mein Sohn wurde in Folge seiner erfolglosen geschäftlichen Tätigkeiten, die in mehrfachen Konkursen verschiedener Firmen endeten, von einer erheblichen Anzahl von Gläubigern verfolgt. Wegen seines ehrlosen Lebenswandels war ich w...

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