Rz. 18

Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung bedarf es eines Antrags, wenn auch die Hauptsache nur auf Antrag eingeleitet werden könnte (§ 51 Abs. 1 FamFG; Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 51 sowie Rdn 56 ff.). Dies trifft etwa für das Verfahren nach § 1671 Abs. 1 BGB zu.[42] Könnte das Hauptsacheverfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden, so kann das Gericht auch von Amts wegen eine einstweilige Anordnung erlassen. Dies betrifft vor allem

Maßnahmen nach den §§ 1666, 1666a BGB (siehe auch § 157 Abs. 3 FamFG), die Regelung des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 3 und Abs. 4 BGB (siehe auch § 156 Abs. 3 FamFG),
Maßnahmen gemäß § 1687 Abs. 2 BGB,
Verbleibensanordnungen gemäß §§ 1632 Abs. 4, 1682 BGB,
die geschlossene Unterbringung eines Kindes gemäß § 1631b BGB,
die Entziehung der gesetzlichen Vertretung gemäß § 1629 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 1796 BGB.
 

Rz. 19

In der Praxis wird auch in den von Amts wegen zu führenden Verfahren häufig ein Beteiligter einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen, um eine möglichst zeitnahe Entscheidung zu erreichen. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist zwingend zu begründen, ferner sind die Voraussetzungen der erstrebten Anordnung glaubhaft zu machen (§§ 51 Abs. 1 S. 2, 31 FamFG; siehe dazu eingehend Rdn 21).

 

Rz. 20

Gemäß § 114 Abs. 4 Nr. 1 FamFG besteht für das Eilverfahren kein Anwaltszwang. Dies gilt auch für die Beschwerdeinstanz.[43]

 

Rz. 21

Nach § 51 Abs. 2 FamFG gelten für das Eilverfahren die für das Hauptsacheverfahren maßgeblichen Vorschriften in entsprechender Anwendung, soweit sich nicht aus der Eilbedürftigkeit selbst immanente Beschränkungen ergeben. Letzteres gilt insbesondere für die Aussetzung des Verfahrens – die unstatthaft ist[44] –, und für die Beweisführung streitiger Tatsachen bzw. die Anspruchsvoraussetzungen, die lediglich einer Glaubhaftmachung bedürfen (§§ 31, 51 Abs. 1 S. 2 FamFG; siehe dazu auch Rdn 19). Im Rahmen der summarischen Prüfung hat daher zwar eine volle Überprüfung der maßgeblichen Rechtsfragen zu erfolgen, allerdings auf der Grundlage vorläufiger, dem Maßstab des § 26 FamFG nicht vollständig genügender, sondern lediglich glaubhaft zu machender Tatsachenfeststellungen. Die für die begehrte Anordnung vorgebrachten Tatsachen müssen aufgrund freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes als überwiegend wahrscheinlich festzustellen sein.[45] Nicht präsente Beweismittel sind ausgeschlossen (§ 31 Abs. 2 FamFG).[46]

Aus diesem Grund ist die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im Eilverfahren regelmäßig nicht statthaft, zumal dadurch auch in aller Regel zu viel Zeit ins Land geht.[47] Dies gilt auch bei behauptetem sexuellen Missbrauch des Kindes; dann muss das Gericht – wenn auch unter Ausschöpfung aller im Eilverfahren zulässigerweise zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen eine Klärung nicht möglich ist – eine umfassende Risikoabwägung unter Berücksichtigung des Kindeswohls vornehmen, wobei es vom Grad der Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der erhobenen Anschuldigungen abhängt, ob eine Entscheidung zugunsten des beschuldigten Elternteils ergehen kann.[48] Soweit das BVerfG im Rahmen einer Eilverfahrens nach § 1666 BGB entschieden hat, dass das Familiengericht vor Trennung des Kindes von seiner Familie ein Sachverständigengutachten einzuholen haben kann, wenn der möglicherweise eintretende Schaden des Kindes eher gering wiegt und in eher größerer zeitlicher Ferne liegt,[49] ist diese Entscheidung wohl missverstanden worden.[50] Das BVerfG hat sicherlich in dieser Entscheidung nicht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im Eilverfahren gefordert; denn dies verstieße offensichtlich gegen § 31 Abs. 2 FamFG. Vielmehr hat es ersichtlich (nur) fordern wollen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung in der genannten Konstellation abgelehnt werden muss und die Trennung des Kindes von seiner Familie erst nach Einholung eines Gutachtens im – ggf. amtswegig einzuleitenden – Hauptsacheverfahren angeordnet werden darf.

Eine eidesstattliche Versicherung ist kein zur Glaubhaftmachung geeignetes Mittel, soweit sie Bezug auf in einem anderen Schriftsatz vorgetragene Tatsachen nimmt.[51]

Zeugen sind – auch in Verfahren mit Amtsermittlung – präsent zu stellen; das Gericht ist zur Ladung nur benannter Zeugen nicht verpflichtet.[52]

Tritt in einem Eilverfahren ein Zielkonflikt zwischen dem Erfordernis besonderer Beschleunigung des Verfahrens einerseits und einer eigenständigen Interessenvertretung des Kindes andererseits auf, so kann im Eilverfahren von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes abgesehen werden, wenn ansonsten eine dem Kind nachteilige Verfahrensverzögerung zu befürchten ist und das Kind seinen Willen klar kundgetan hat.[53] Gleiches gilt, wenn der Erlass einer Eilentscheidung schon am fehlenden Regelungsbedürfnis scheitert, es mithin der Ermittlung des kindlichen Willens nicht bedarf.[54] Demgegenüber sind aber vor allem die Anhörungen na...

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