Rz. 338

Auch wenn der Verwaltungssitz, der regelmäßig dem Ort der Geschäftsleitung i.S.d. § 10 AO entspricht, aus dem Inland in das Ausland verlegt wird, während der statutarische Sitz im Inland verbleibt, ist § 12 Abs. 3 KStG regelmäßig nicht einschlägig, weil die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund der doppelten Anknüpfung des § 1 Abs. 1 KStG an Sitz oder Geschäftsleitung erhalten bleibt.

 

Rz. 339

Nach § 4a GmbHG i.d.F. des MoMiG führt die Verlegung des Verwaltungssitzes einer GmbH in das Ausland auch nicht mehr zu deren Auflösung,[364] so dass eine unmittelbare Anwendung der Liquidationsbesteuerung nach § 11 Abs. 1 KStG von vornherein nicht in Betracht kommt. Besonderheiten können sich allerdings dann ergeben, wenn ein DBA die unbeschränkte Steuerpflicht in der Weise einschränkt, dass diese lediglich zum Tragen kommt, wenn bei dem Auseinanderfallen von Geschäftsleitung und Sitz sich die Geschäftsleitung im Inland befindet.[365] Im Wesentlichen wird diesbezüglich auf die Regelung des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA verwiesen, wonach die für die Anwendung der Bestimmungen der DBA maßgebliche Ansässigkeit sich in diesen Fällen nach dem Ort der Geschäftsleitung bestimmt (sog. tie-breaker rule).[366]

 

Rz. 340

Art. 4 Abs. 3 OECD-MA hat indes keinen Einfluss auf die Frage des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht der GmbH nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, sondern auf die Verteilung des Besteuerungsrechts bezüglich bestimmter Einkünfte zwischen zwei Staaten u.a. auch bei ggf. bestehender unbeschränkter Steuerpflicht. Demnach kann die Bestimmung des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA keinen Einfluss auf den Eintritt der Schlussbesteuerung haben, weil sie ohne Relevanz für das Bestehen der unbeschränkten Steuerpflicht ist.[367]

 

Rz. 341

Auch für diese Fälle ordnet § 12 Abs. 3 Satz 2 KStG nunmehr die Schlussbesteuerung entsprechend § 12 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 11 KStG an, wenn durch die Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung zwar nicht die unbeschränkte Steuerpflicht entfällt, sondern die Ansässigkeit nach DBA in einen Staat wechselt, der weder EU-Mitgliedstaat noch EWR-Staat ist.[368]

[364] Siehe Servatius, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 4a Rn 1 ff.
[365] Vgl. Lampert, in: Gosch, KStG, § 12 Rn 146–149; Haase, IstR 2004, 232, 233; Thiel, GmbHR 1994, 277, 278; Thömmes, DB 1993, 1021; Debatin, GmbHR 1991, 164, 169.
[366] So Knobbe-Keuk, StuW 1990, 372, 378; Knobbe-Keuk, DB 1991, 298, 300; Thiel, GmbHR 1994, 277, 278.
[367] In diesem Sinn Lampert, in: Gosch, KStG, § 12 Rn 166 f.
[368] Vgl. Lampert, in: Gosch, KStG, § 12 Rn 141 f.

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