Rz. 89

Übernachtungskosten sind zu erstatten, wenn die Übernachtung erforderlich war, weil eine Hin- und Rückreise am selben Tag nicht möglich oder zumutbar war. In der Kommentierung und in der Rechtsprechung werden unterschiedliche Zeiten als zumutbar erachtet, z.B. wird als unzumutbar erachtet, wenn der Reiseantritt vor 6.00 Uhr morgens und die Rückkehr nach 22.00 Uhr abends erfolgt[70] oder wenn die Hin- und Rückreise nicht zwischen 5.00 Uhr und 22.00 Uhr liegt.[71] Nach anderer Auffassung[72] ist es zumutbar, eine Reise ohne Übernachtung zu unternehmen, die zwischen 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr liegt unter Hinzuziehung der Definition von Nachtzeit gem. § 758a Abs. 4 S. 2 ZPO. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Übernachtung spielt es auch eine Rolle, wie eine längere Fahrtstrecke überwunden wird. Fährt der RA mit dem Zug, ist diese Reiseform nicht so belastend wie eine Fahrt mit gleichem zeitlichen Aufwand mit dem Pkw. Beim Führen eines Fahrzeuges besteht eher die Gefahr der Übermüdung, so dass es durchaus angemessen sein kann, auch nur bei einer Reise von z.B. 10 Stunden die Kosten einer Übernachtung erstattet zu verlangen. Auch können persönliche Indikatoren in diese Überlegungen einfließen, wenn z.B. der RA älter oder kränklich ist.[73]

 

Rz. 90

 

Hinweis

Fallen Übernachtungskosten an, sollten der Mandant – ggf. im Wege der Vergütungsvereinbarung –, das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten hierauf hingewiesen werden, um eine nachträgliche Beanstandung als treuwidrig zurückweisen oder – sofern möglich – auch eine für die Reise günstigere Terminierung erreichen zu können.

 

Rz. 91

Dem RA sind grundsätzlich die ihm entstandenen tatsächlichen Übernachtungskosten zu erstatten, soweit sie angemessen waren. Eine pauschale Abrechnung ist nicht möglich. Ohne weitere Begründung angemessen sind Übernachtungskosten zwischen 80,00 EUR und 120,00 EUR. Darüber hinausgehend muss das besondere Preisniveau aufgrund der Örtlichkeit (Großstädte) oder des Zeitpunktes (etwa Messen o.ä.) begründet werden. Übernachtet der RA irgendwo unentgeltlich privat, kann er keine Übernachtungskosten geltend machen. Sind in dem Übernachtungspreis, z.B. auf der Hotelrechnung, Frühstücksleistungen enthalten, so sind diese Kosten in Abzug zu bringen.[74] Die Frühstücksverpflegung ist mit dem Tage- und Abwesenheitsgeld abgegolten.

 

Rz. 92

Bei der Auswahl der Unterkunft hat der RA auf einen angemessenen Preis zu achten. Der RA kann eine Übernachtungsmöglichkeit wählen, die einen adäquaten Qualitätsstandard bietet. Die Rechtsprechung, die sich in den jeweiligen Fällen auf die entsprechenden Reiseorte bezieht, reicht von 75,00 EUR bis 170,00 EUR.[75] Sind Hotels wegen besonderen Anlässen, z.B. Messe, Konzert- oder Sportveranstaltungen stark ausgebucht, kann auch ein höherer Preis angemessen sein. Wird der RA von einer Person aus dem privaten Umfeld begleitet, wie z.B. Lebenspartner, Ehegatte oder Familienangehöriger, und wird aus diesem Grund die Nutzung eines Doppelzimmers erforderlich, hat der Auftraggeber nur die Übernachtungskosten zu erstatten, die bei alleiniger Nutzung des Zimmers durch den RA entstanden wären. Die Differenzkosten von Einzel- zu Doppelzimmer hat der RA privat zu übernehmen.

[70] OLG Karlsruhe Justiz 1985, 473, OLGR 2004, 20.
[72] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7003–7006 Rn 72.
[73] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7003–7006 Rn 75.
[74] Fehlt es daran, wurde aber das Frühstück eingenommen, soll ein Abzug von 10 % der Hotelkosten als Frühstückskosten geschätzt werden können, OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 1470.

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