Rz. 255

Die Pflichtteilsentziehung erfolgt durch letztwillige Verfügung, § 2336 Abs. 1 BGB. Außerdem muss der Grund der Entziehung zur Zeit der Errichtung des Testamentes bestehen und in der Verfügung hinreichend konkret angegeben werden, § 2336 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Gründe können schon länger zurückliegen, sie dürfen jedoch nicht lediglich in der Zukunft liegen. Im Einzelnen ist der den gesetzlichen Tatbestand ausfüllende Kernsachverhalt anzugeben.[284]

 

Rz. 256

 

Formulierungsbeispiel: Pflichtteilsentziehung gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB

Meinem Sohn (...) entziehe ich hiermit den Pflichtteil aus folgendem Grund:

Mein Sohn (…) hat am 22.8.2011 versucht mich zu töten, indem er mir mit den Worten "Jetzt bringe ich Dich um" eine volle Weinflasche auf den Kopf schlug. Der Vorfall ereignete sich in meinem Garten. Das Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags wird bei der Staatsanwaltschaft (…) unter dem Az. (…) geführt.

Möglich ist auch eine Entziehung für den Fall, dass ein vom Erblasser vermuteter, aber noch nicht sicher feststehender Entziehungsgrund vorliegt.

 

Rz. 257

 

Formulierungsbeispiel: Pflichtteilsentziehung für den Fall, dass ein vom Erblasser vermuteter, aber noch nicht sicher feststehender Entziehungsgrund vorliegt

Ich habe den dringenden Verdacht, dass der Mordversuch, der am (...) in (...) auf mich verübt wurde, von meinem Sohn (...) geplant und mit ausgeführt wurde. Sollte sich dieser Verdacht durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bestätigen, so entziehe ich hiermit meinem Sohn den Pflichtteil.

 

Rz. 258

Das Pflichtteilsentziehungsrecht erlischt bzw. die Pflichtteilsentziehung wird unwirksam durch Verzeihung, § 2337 BGB. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich. Unter Verzeihung ist der Ausdruck des Versöhnungswillens gegenüber dem Schuldigen zu verstehen, d.h. die Absicht, aus der Verfehlung keinerlei Nachteile mehr für den Schuldigen entstehen zu lassen. Die Verzeihung setzt weder eine Versöhnung noch ein inniges Verhältnis zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem voraus.[285] Eine konkludente Verzeihung genügt.

[284] OLG Hamm NJW-RR 2007, 1235, 1237; Palandt/Weidlich, § 2336 Rn 3.

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