Rz. 13

Fall (2) betrifft die so genannte echte Abtrennung (§ 137 Abs. 5 S. 2, Abs. 3 FamFG). Diese echte Abtrennung, durch die ein Verfahren aus dem Verbund herausgelöst wird, kommt im FamFG nur für die in § 137 Abs. 3 genannten Kindschaftssachen vor. Das Übergangsrecht hat weitere Fälle echter Abtrennung in Art. 111 des FGG-RG vorgesehen (Art. 111 Abs. 4, 5 FGG-RG).[5]

 

Rz. 14

Abgetrennte Kindschaftssachen, § 137 Abs. 5 S. 2, Abs. 3 mit § 140 FamFG

§ 21 RVG erhielt mit dem FGG-RG einen neuen Absatz 3:

Zitat

"Wird eine Folgesache als selbstständige Familiensache fortgeführt, sind das fortgeführte Verfahren und das frühere Verfahren dieselbe Angelegenheit".

In § 6 Abs. 2 FamGKG heißt es entsprechend:

Zitat

"Wird eine Folgesache als selbstständige Familiensache fortgeführt, ist das frühere Verfahren als Teil der selbstständigen Familiensache zu behandeln".

 

Rz. 15

Es besteht Einigkeit darüber, dass der Anwalt (und die Staatskasse) die Gebühren nicht doppelt verlangen können, einmal die in der Zeit entstandenen Gebühren, als die Kindschaftssache noch im Verbund war, und einmal Gebühren aus der Zeit nach der Abtrennung.

Alles Übrige ist umstritten.

 

Rz. 16

Streitig ist:

ob die Gebühren nach der (echten) Abtrennung erneut entstehen (was nicht heißt, dass die Gebühren zweifach verlangt werden können!) oder nicht/ob Gebühren (insbesondere die Terminsgebühr) die vor der Abtrennung entstanden war, nach der Abtrennung aber nicht mehr entstanden ist, abgerechnet werden kann.
ob der Anwalt ein Wahlrecht hat, ob er die Abrechnung entsprechend dem Verbund mit Kindschaftssache machen will oder ob er einmal den Verbund und einmal die Kindschaftssache abrechnen möchte.
ob der Verfahrenswert, der während der Verbundzeit gegolten hat, weiter gilt oder von der Abtrennung an der Verfahrenswert gilt, der für selbstständige Verfahren anzuwenden ist.
ob die Verfahrenskostenhilfe, die während der Verbundzeit auch für die Kindschaftssache bewilligt worden war, weiter gilt oder ob Bewilligung und Beiordnung mit der Abtrennung enden und ggf. neu beantragt werden müssen.
 

Rz. 17

Der Wortlaut des neuen § 21 Abs. 3 RVG bedeutet einerseits, dass die Kindschaftssache aus dem Verbund entlassen wird ("selbstständige Familiensache"); die Worte "dieselbe Angelegenheit" bedeuten, dass der Anwalt die Gebühren nur einmal verdient (§ 15 Abs. 2 RVG).

 

Rz. 18

Wenn die Kindschaftssache aus dem Verbund entlassen und ein selbstständiges Verfahren geworden ist, muss konsequenterweise der Wert angesetzt werden, der im selbstständigen Verfahren gilt, also der Wert nach § 45 FamGKG und nicht § 44 FamGKG (i.V.m. § 23 Abs. 1 RVG).[6]

 

Rz. 19

Ein Wahlrecht zwischen Verbundabrechnung (mit dem später abgetrennten Verfahren) bzw. Verbundabrechnung ohne diesen Verfahrensteil und Abrechnung des Verfahrensteils nach Abtrennung besteht nicht.[7] Auf die neu entstehenden Gebühren (= nach der Abtrennung) sind die Gebühren, die schon im Verbund entstanden waren, anzurechnen.[8]

 

Rz. 20

Die Verfahrensgebühr entsteht immer, vor und nach der Abtrennung. Sie entsteht vor der Abtrennung nach dem Wert des § 44 FamGKG, von der Abtrennung an nach dem Wert des § 45 FamGKG. Das Gleiche gilt für die Terminsgebühr, wenn sie vor und nach der Abtrennung anfällt. Es kann aber vorkommen, dass die Terminsgebühr nur vor der Abtrennung angefallen ist und nachher nicht mehr. In diesem Fall ist die Frage, ob sie trotzdem im abgetrennten selbstständigen Verfahren mit neuem Wert und unberührt von der Kürzung durch die Addition im Verbund angesetzt werden kann. M.E. ist das die Konsequenz daraus, dass das Ganze als ein einheitliches Verfahren angesehen werden soll. Die Terminsgebühr auch aus dem Versorgungsausgleich ist schließlich tatsächlich (während des Verbundes) verdient worden. Sie sollte im abgetrennten VA-Verfahren angesetzt und nur die entsprechenden Anteile aus der Verbundabrechnung abgezogen werden.[9]

 

Rz. 21

Zur Verfahrenskostenhilfe: Die Rechtsprechung war von jeher gegen die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) auf den abgetrennten Verfahrensteil, wenn er als selbstständiges Verfahren fortgeführt wurde.[10] Als Begründung wurde gesagt, dass die selbstständige Familiensache erheblich teurer als das Verfahren im Verbund sei. Es könne "Mutwillen" vorliegen.

 

Rz. 22

Es lässt sich nicht bestreiten, dass das selbstständige Verfahren wesentlich teurer als das Verfahren im Verbund ist. Nur: Über den Begriff des Mutwillens lässt sich die Frage nicht klären. Zum einen hat der Gesetzgeber gerade die Abtrennung erleichtern wollen. Man kann aber nicht von "Mutwillen" sprechen, wenn Parteien von den Möglichkeiten, die ihnen der Gesetzgeber gerade eingeräumt hat, Gebrauch machen. Zum anderen zeigt eine Überprüfung des § 140 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FamFG, dass in keinem einzigen Fall von "Mutwillen" gesprochen werden kann. Dabei muss man doch gar nicht darauf abstellen, dass es auch die andere Partei sein kann, die die Abtrennung betreibt.[11] Richtig ist freilich eines: Im Zeitpunkt der Bewil...

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