a) Zielsetzung

 

Rz. 1

Bislang waren einzelne Wohnungseigentümer vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung nur zur Einberufung einer Eigentümerversammlung befugt, wenn sie hierzu vom Gericht ermächtigt waren.[1] Dies führte insbesondere in der Gründungsphase und in kleineren Wohnungseigentümergemeinschaften zu Unzuträglichkeiten. Wenn (noch) kein Verwalter bestellt war, konnte niemand die Eigentümerversammlung einberufen. Kam keine Vollversammlung zustande, konnte eine Eigentümerversammlung nur durch Ermächtigung analog § 37 Abs. 2 BGB, mithin durch einen Prozess erfolgen. Dem will § 24 Abs. 3 WEG abhelfen, wonach eine Eigentümerversammlung auch von einem durch Beschluss ermächtigten Eigentümer einberufen werden kann.

b) Voraussetzungen einer Beschlussfassung

 

Rz. 2

Voraussetzung der Ermächtigung ist, ebenso wie bei der Einberufung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder seinen Stellvertreter, dass ein Verwalter fehlt oder pflichtwidrig die Einberufung der Eigentümerversammlung verweigert. Weitere Voraussetzungen müssen nicht erfüllt sein; es bedarf nach ausdrücklichem Bekunden der Gesetzesmaterialien auch keines konkreten Anlasses für die Beschlussfassung.[2] Die Eigentümerversammlung kann also auch auf Vorrat für den Fall, dass ein Verwalter fehlt oder pflichtwidrig die Einberufung der Eigentümerversammlung verweigert, einen der ihren zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ermächtigen.

 

Rz. 3

 

Praxistipp

Gesetzestext und -materialien äußern sich nicht dazu, welche Folgen es hat, wenn die Wohnungseigentümer etwa aus beruflichen Gründen einen Nichteigentümer (z.B. einen Rechtsanwalt, der mit einer Eigentümerin verheiratet ist) zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ermächtigen. Angesichts der Parallelität der Aufgaben vonVerwaltungsbeirat und ermächtigtem Eigentümer aus § 24 Abs. 3 WEG wird man wohl zu identischen Ergebnissen kommen müssen, auch wenn in § 24 Abs. 3 WEG nicht die Vokabel "können" verwendet wird. Ein solcher Beschluss ist folglich nichtig.[3]

[2] BT-Drucks 19/18791, S. 70.
[3] Vgl. o. § 5 Rdn 83.

c) Praktische Folgen

 

Rz. 4

Die Gesetzesänderung kann gerade in beiden oben skizzierten Problemfällen, der Wohnungseigentümergemeinschaft im Gründungsstadium und der kleinen Gemeinschaft ohne Verwalter zumindest teilweise die Einberufung einer Eigentümerversammlung ermöglichen. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr bereits mit Anlage der Wohnungsgrundbücher existent wird, kann der teilende Eigentümer als einziger Wohnungseigentümer eine Vollversammlung einberufen. In dieser kann er sich zur Einberufung der nächsten Eigentümerversammlung gemäß § 24 Abs. 3 WEG ermächtigen. Eines Verwalters bedarf es hierzu nicht mehr. Darüber hinaus kann der ermächtigte Wohnungseigentümer natürlich auch in den Fällen tätig werden, in denen sich der Verwalter pflichtwidrig weigert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. A maiore ad minus kann auf diesem Wege auch die Tagesordnung einer einberufenen Eigentümerversammlung ergänzt werden, da die Befugnis zur Einberufung diejenige zur Ergänzung der Tagesordnung erfasst.

 

Rz. 5

 

Praxistipp

Die Möglichkeit des § 24 Abs. 3 WEG versagt allerdings in kleineren Gemeinschaften ohne Verwalter und Verwaltungsbeirat. Denn dann kann nach wie vor niemand die Eigentümerversammlung einberufen, die einen Miteigentümer zur Einberufung ermächtigen könnte. Hier bleibt nur die Vollversammlung oder die Beschlussersetzung.[4]

[4] Hierzu s.u. Rdn 7.

d) Fehler des Beschlusses

 

Rz. 6

Abgesehen von formellen Fehlern kann ein Beschluss nach § 24 Abs. 3 WEG insbesondere an zwei Mängeln leiden: Bereits die ermächtigende Eigentümerversammlung war nicht ordnungsgemäß einberufen oder es wurde fälschlich eine Weigerung des Verwalters angenommen, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Bereits nach bisher h.M. führten Fehler in der Einberufung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder seinen Stellvertreter nach § 24 Abs. 3 WEG nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse, die die fehlerhaft einberufene Eigentümerversammlung fasste.[5] Dies ist auf die Erweiterung des § 24 Abs. 3 WEG zu übertragen. Im Ergebnis ergibt sich so sogar eine Heilungsmöglichkeit der fehlerhaften Ermächtigung: Da die Ermächtigung zur Einberufung erst mit rechtskräftiger Ungültigerklärung erlischt, kann der auf der fehlerhaft einberufenen Eigentümerversammlung ermächtige Wohnungseigentümer eine zweite Eigentümerversammlung einberufen. Da diese dann vor Ungültigerklärung der ersten Ermächtigung ordnungsgemäß einberufen wurde, kann sie fehlerfreie Beschlüsse fassen und insbesondere den Miteigentümer erneut zur Einberufung der nächsten Eigentümerversammlung ermächtigen.

[5] Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 24 Rn 33a; Riecke/Schmid/Riecke, WEG, 5. Aufl. 2019, § 24 Rn 13.

e) Auswirkungen auf die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung

 

Rz. 7

Die neue Regelung dürfte mittelbar auch das Verfahren ändern, in dem die Einberufung gerichtlich verlangt werden kann. Denn die Ausgestaltung der Ermächtigung als Beschluss führt dazu, dass nunmehr nicht mehr ein konstitutiver Akt des Gerichtes analog § ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge