1. Gegenstand

 

Rz. 168

Das Widerspruchsrecht der betroffenen Person gem. Art. 21 Abs. 1 DSGVO richtet sich ausschließlich gegen die Verarbeitung personenbezogener Daten, die die betroffene Person (unmittelbar) betreffen, und deren Verarbeitung (ausschließlich) aufgrund von Art. 6 Abs. 1 lit. e) oder f) DSGVO erfolgt. Die Formulierung, dass dies auch für ein auf diese Bestimmungen gestütztes Profiling gilt, hat lediglich deklaratorische Bedeutung.

 

Rz. 169

Wie das Recht auf Datenübertragbarkeit, ist auch das Widerspruchsrecht auf personenbezogene Daten beschränkt und bezieht anonymisierte Daten nicht mit ein. Dem gegenüber fallen pseudonymisierte Daten in den Anwendungsbereich der Norm. Weiterhin müssen die personenbezogenen Daten die betroffene Person (zumindest auch) betreffen. Dass daneben auch andere Personen betroffen sein können, hindert die grundsätzliche Anwendbarkeit des Art. 21 Abs. 1 DSGVO nicht. Da Art. 21 DSGVO – anders als Art. 20 DSGVO – auch keine Einschränkung in Bezug auf die Rechte und Freiheiten anderer natürlicher Personen enthält, führt das Widerspruchsrecht grundsätzlich zu einer Verwendungsbeschränkung. Dies gilt auch, soweit Daten anderer natürlicher Personen betroffen sind, was insbesondere bei Informationen in Bezug auf Beziehungsgeflechte (Ehegatte, Lebenspartner, WG-Mitbewohner usw.) eine Rolle spielen dürfte.[162] Die Interessen einer "drittbetroffenen" natürlichen Person können jedoch in die erneute Interessenabwägung zwischen den Betroffeneninteressen und den berechtigten Interessen des Verantwortlichen, als "Drittinteressen" eingestellt werden und einen Ausschluss des Widerrufsrechtes bedingen.[163] Eine Beschränkung auf automatisierte Datenverarbeitungen findet sich – anders als in Art. 20 DSGVO – in Art. 21 DSGVO nicht.

 

Rz. 170

Es sind nur Verarbeitungen betroffen, die sich auf eine Datenverarbeitungsbefugnis des Verantwortlichen aus der Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse,[164] aus der Ausübung öffentlicher Gewalt[165] oder auf Grundlage eines überwiegenden berechtigten Interesses des Verantwortlichen[166] stützen. Auch, wenn Art. 21 Abs. 1 S. 2. DSGVO allgemein anordnet, dass der Widerspruch dazu führt, dass "der Verantwortliche die personenbezogenen Daten nicht mehr verarbeitet", kann diese Rechtsfolge nur solche Verarbeitungsvorgänge umfassen, die Daten betreffen, deren Verarbeitung ausschließlich auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. e) oder f) DSGVO erfolgt. Stützt sich die Verarbeitung der betroffenen Daten daneben noch auf andere Rechtsgrundlagen, ist nur die ausschließlich auf Grundlage der Art. 6 Abs. 1 lit. e) oder f) DSGVO erfolgende Verarbeitung(form)[167] umgehend einzustellen.[168] Die Daten, soweit sich ihre Verarbeitung allein auf Art. 6 Abs. 1 lit. e) oder f) DSGVO gründet, sind bei einer zugunsten der betroffenen Person ausfallenden Abwägung, im Anschluss zu löschen.[169]

[162] So auch Herbst, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 21 Rn 14.
[163] Ausführlich zur Interessenabwägung oben Rn 359 ff.
[164] Art. 6 Abs. 1 lit. e) Alt. 1 DSGVO, hierzu § 4 Rdn 163 f.
[165] Art. 6 Abs. 1 lit e) Alt. 2 DSGVO, hierzu § 4 Rdn 165.
[166] Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO, hierzu § 4 Rdn 166 ff.
[167] So auch Herbst, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 21 Rn 12.
[168] Während der Überprüfung hat insoweit eine Einschränkung der Verarbeitung zu erfolgen.
[169] Ob die betroffene Person insoweit auf ihr Recht, die Einschränkung der Verarbeitung zu erwirken, vor der Durchführung der Löschung hinzuweisen ist, ist str., hierzu Rdn 15 ff. und Rdn 54.

2. Inhaltliche Anforderungen

 

Rz. 171

Ein Widerspruch nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO ist "nicht grundlos" möglich, vielmehr hat die betroffene Person Gründe vorzutragen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben und für ein Überwiegen ihrer Interessen gegenüber den berechtigten Interessen des Verantwortlichen sprechen. Der Widerspruch muss, um das Recht der betroffenen Person nicht leerlaufen zu lassen und auch die Anforderungen an den Widerspruch nicht zu übersteigern, nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Vielmehr ist der Verantwortliche dazu angehalten, den wahren Willen der betroffenen Person aus den objektiven Umständen zu ermitteln; in Zweifelsfällen kann eine Rückfrage bei der betroffenen Person über die Zielrichtung einer entsprechenden Erklärung angezeigt sein.[170]

 

Rz. 172

Der betroffenen Person wird auch keine juristisch saubere Argumentation abverlangt. Sie hat die Gründe, die aus ihrer Sicht gegen eine Verarbeitung sprechen, lediglich nachvollziehbar darzulegen und im Zweifel- oder Bestreitensfalle auch zu beweisen.[171] Was genau unter "Gründen, die sich aus der besonderen Situation der betroffenen Person ergeben", zu verstehen ist, bestimmt die DSGVO nicht weiter. Nachdem die vorgetragenen Gründe jedoch in den erneuten Abwägungsvorgang des Verantwortlichen einzustellen sind, kommen grundsätzlich alle denkbaren Betroffeneninteressen in Betracht.[172] Allgemeine und abstrakt gehaltene Erwägungen reichen nicht aus, da sich die Gründe "...

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