Rz. 24

Der Unternehmenswert ergibt sich auf Basis der zukünftigen Nettoeinnahmen, welche die Anteilseigner aus dem Unternehmen entziehen können. Diese Nettoeinnahmen hängen insbesondere von der Fähigkeit des Unternehmens ab, finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften.[46] Eine Unternehmensbewertung erfordert daher die Prognose der Höhe und des zeitlichen Anfalls der entziehbaren künftigen finanziellen Überschüsse des Unternehmens. Zudem sind Annahmen zu treffen, wie sich die finanziellen Überschüsse auf Eigen- und Fremdkapitalgeber aufteilen.

 

Rz. 25

Die Ableitung der Zahlungsströme kann auf Grundlage von zukünftigen Einnahmeüberschüssen, Ertragsüberschüssen oder Free Cash Flows erfolgen. Hierfür kommen die DCF-Verfahren oder das Ertragswertverfahren in Betracht. Während im internationalen Kontext die DCF-Verfahren vorrangig Anwendung finden, ist in Deutschland das Ertragswertverfahren weiterhin sehr weit verbreitet.[47] Bei beiden Ansätzen ist stets die Ausschüttungsfähigkeit der Überschüsse zu prüfen. Ebenso sind die Thesaurierungen sowie die Verwendung nicht ausgeschütteter Beträge zu berücksichtigen und bewertungstechnisch sachgerecht abzubilden. Diese Beträge können zur Investition, zur Tilgung von Fremdkapital oder zur Rückführung von Eigenkapital verwendet werden.[48] Die Ertragsüberschussrechnung erfordert zudem eine ergänzende Ermittlung des Finanzierungsbedarfs, in der Ausschüttungen und Investitionen entsprechend einfließen. Eine ordnungsgemäße Unternehmensbewertung basiert daher immer auf aufeinander abgestimmten Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Finanzplanungen.[49]

 

Rz. 26

Wertbestimmend sind nur diejenigen finanziellen Überschüsse des Unternehmens, die als Nettoeinnahmen in den Verfügungsbereich der Eigentümer gelangen (sog. Zuflussprinzip).[50] Dies erfordert die sachgerechte Berücksichtigung der steuerlichen Belastungen.[51] Dabei sind sowohl die steuerlichen Einflüsse auf Unternehmensebene als auch die steuerlichen Belastungen auf Ebene der Unternehmenseigner zu erfassen.

 

Rz. 27

Bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsse ist insbesondere zu unterscheiden, für welchen Bewertungszweck die Unternehmensbewertung durchgeführt und in welcher Funktion der Bewerter tätig wird. Die eingenommene Funktion kann wesentliche Auswirkung auf die zu berücksichtigenden finanziellen Überschüsse haben. Im IDW S 1 wird an dieser Stelle zwischen der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes und der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte unterschieden. Die Unterschiede betreffen insbesondere die Berücksichtigung bisher noch nicht eingeleiteter Maßnahmen, die Erfassung von Synergieeffekten, den sachgerechten Ansatz von Managementfaktoren, die Annahmen zum Ausschüttungsverhalten sowie die Berücksichtigung der Steuerbelastungen.[52] Darüber hinaus können Abweichungen hinsichtlich der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes bestehen.

[46] Vgl. IDW S 1 (2008), Rn 25.
[47] Vgl. Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 1 Rn 1.52.
[48] Vgl. IDW S 1 (2008), Rn 26.
[49] Vgl. Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, S. 56 f.
[50] Vgl. IDW S 1 (2008), Rn 25.
[51] Vgl. Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 1983, S. 177.
[52] Vgl. IDW S 1 (2008), Rn 29 ff.

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