1. Allgemeines
Rz. 197
Beim Anspruch aus § 2288 BGB gegenüber den Erben handelt es sich grundsätzlich um einen Vermächtnisanspruch der entweder auf Verschaffung, Beseitigung oder auf Wertersatz gerichtet ist. Beim Anspruch gegenüber dem Beschenkten handelt es sich um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des verschenkten Gegenstandes nach den §§ 812 ff. BGB. Der bereicherungsrechtliche Anspruch gegenüber dem Beschenkten ist subsidiär und steht dem Vermächtnisnehmer erst dann zu, wenn der Anspruch gegen den Erben bzw. die Erbengemeinschaft nicht durchgesetzt werden kann, weil sich die Erben bspw. auf die Beschränkung der Erbenhaftung berufen oder weil der Nachlass unzureichend ist.
Rz. 198
Für die gerichtliche Durchsetzung des Anspruches aus § 2288 BGB stellt sich das Problem der Verjährung. Die subsidiäre Haftung gegen den Beschenkten verjährt in entsprechender Anwendung des § 2287 Abs. 2 BGB bereits in drei Jahren nach dem Anfall des Vermächtnisses.[393]
2. Gläubiger und Schuldner des Anspruchs
a) Gläubiger des Anspruchs
Rz. 199
Anspruchsgläubiger nach § 2288 BGB ist derjenige, der durch ein vertragsmäßig angeordnetes Vermächtnis bedacht wurde. Dieser ist nicht zu verwechseln mit dem Vertragspartner. Ist das Vermächtnis nicht mit erbvertraglicher Bindung angeordnet, dem steht das bindend gewordene gemeinschaftliche Testament nach Eintritt eines Erbfalls gleich, dann besteht kein Anspruch aus § 2288 BGB (zur Anwendbarkeit des § 2288 BGB auf Geld-, Gattungs-, Verschaffungs-, und Vorausvermächtnisse vgl. Rdn 118 ff.).[394]
b) Schuldner des Anspruchs
Rz. 200
Grundsätzlich ist der Erbe Schuldner des Anspruchs aus § 2288 BGB. Lediglich wenn der Vermächtnisgegenstand unentgeltlich übertragen wurde und eine Haftung des Erben ausscheidet, ist der Beschenkte nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zur Herausgabe verpflichtet (vgl. Rdn 123).
3. Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch
Rz. 201
Der erbvertragsmäßig Bedachte kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Auskunftsanspruch haben, bspw. wenn der Bedachte hinreichende Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung des Erblassers darlegen kann.[395] Gleiches gilt für die Fälle der ehebezogenen Zuwendung oder die Vermögensübertragung durch Vereinbarung von Gütergemeinschaft.[396] Der Auskunftsanspruch wird dem Bedachten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zugesprochen, wenn er auf den Anspruch angewiesen ist und dies nicht zu einer unbilligen Belastung des Beschenkten führt. Dient der Auskunftsanspruch lediglich einem Ausforschen des Bedachten, ist er zu verneinen.[397] Ein Wertermittlungsanspruch wird in diesen Fällen aber regelmäßig zu verneinen sein.[398] Der Anspruch auf Auskunft führt auch nicht automatisch zu einem Wertermittlungsanspruch.[399] Ausnahmsweise wird dem vertragsmäßig Bedachten ein Anspruch auf Wertermittlung zugesprochen, wenn sich sein Anspruch in einen Wertersatzanspruch umgewandelt hat.[400]
4. Beweislast
a) Allgemeines
Rz. 202
Der vertragsmäßig bedachte Vermächtnisnehmer hat grundsätzlich die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Macht der Vermächtnisnehmer Wertersatzansprüche aus § 2288 Abs. 1 BGB geltend, dann hat er nachzuweisen, dass der Erblasser den Gegenstand mit Beeinträchtigungsabsicht zerstört, beschädigt oder beiseite geschafft hat. Insoweit muss der Vermächtnisnehmer darlegen, dass der Erblasser im Bewusstsein, dem Bedachten die Grundlage des Vermächtnisses zu entziehen, gehandelt hat.[401] Im Übrigen gilt der Prüfungsmaßstab wie bei § 2287 BGB.[402]
Rz. 203
Im Falle des § 2288 Abs. 2 BGB hat der Bedachte zu beweisen, dass der Erblasser durch die Veräußerung oder Belastung des Gegenstandes sein lebzeitiges Verfügungsrecht missbraucht hat, was hier ebenfalls am Maßstab eines lebzeitigen Eigeninteresses zu prüfen ist (vgl. Rdn 124). Im Gegensatz zum Anspruch aus § 2287 BGB ist beim Anspruch des vertragsmäßigen Vermächtnisnehmers das lebzeitige Eigeninteresse stets dann zu verneinen, wenn der vom Erblasser bezweckte Erfolg auch durch eine andere, wirtschaftlich gleichwertige Maßnahme, zu erreichen gewesen wäre.[403]
Rz. 204
Beim Anspruch gegenüber dem Beschenkten nach § 2288 Abs. 2 S. 2 BGB muss der Bedachte insbesondere die Unentgeltlichkeit der Übertragung und die Beeinträchtigungsabsicht, bzw. den Missbrauch der Verfügungsfreiheit nachweisen.[404] Es gelten insoweit die Voraussetzungen des § 2287 BGB, allerdings mit der Maßgabe, dass der vertragsmäßig bedachte Vermächtnisnehmer zusätzlich nachweisen muss, dass ein Anspruch gegen den Erben nicht durchsetzbar ist.[405] Andererseits ist auch hier das lebzeitige Eigeninteresse zu verneinen, wenn der Erblasser den bezweckten Erfolg auch auf andere Weise hätte erreichen können (vgl. Rdn 125). Vgl. im Übrigen zur Zulässigkeit von Beweisantritten bei Be...
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