1. Allgemeines

 

Rz. 36

Von den Vermächtnisformen zu unterscheiden ist der konkrete Inhalt (Gegenstand, Leistung) eines Vermächtnisses. Dies kann alles sein, was auch Inhalt einer Leistung eines Schuldverhältnisses sein kann.[90] Nach § 1939 BGB muss es sich um einen Vermögensvorteil handeln, wobei die h.M. den Begriff "Vermögensvorteil" weit auslegt.[91] In § 2169 BGB wird zwar von einem Gegenstandsvermächtnis gesprochen, dies meint jedoch nicht eine Sache im Sinne von § 90 BGB. Gegenstand kann nach § 2169 BGB sowohl eine Sache als auch ein Recht sein.[92] Die Bestimmung des Vermächtnisinhalts steht dem Erblasser somit weitestgehend frei. So kann ein Anspruch gegen den Beschwerten auch in der Weise begründet werden, dass der Bedachte die Leistung nur fordern kann, wenn er die vom Erblasser geforderte Gegenleistung anbietet (Ankaufsrechtvermächtnis).[93]

[90] Palandt/Weidlich, Einf. § 2147 Rn 6.
[91] Weirich, Grundstücksrecht, Rn 690.
[92] Palandt/Weidlich, § 2169 Rn 2.

2. Sachvermächtnis (Gegenstandsvermächtnis)

a) Allgemeines

 

Rz. 37

Unter dem Begriff "Sachvermächtnis" (Gegenstandsvermächtnis) wird nachstehend das Vermächtnis einer Sache i.S.d. § 90 BGB behandelt. Als Gegenstand kommen hier z.B. ein Grundstück, ein Kfz und alle sonstigen Gegenstände in Betracht. Zu beachten ist bei der Anordnung verschiedener Sachgegenstände die Tatsache, dass der bestimmte Gegenstand bis zum Eintritt des Erbfalls möglicherweise nicht mehr im Nachlass vorhanden und eine Erfüllung insoweit nicht mehr möglich ist. In Rechtsprechung und Schrifttum[94] ist durchaus anerkannt, dass für den Fall, dass der Erblasser den vermachten Gegenstand veräußert hat, der mit dem Gegenstandsvermächtnis Bedachte stattdessen den Veräußerungserlös erhalten soll. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es dem Erblasser weniger darauf ankam, dem Bedachten einen bestimmten Gegenstand zukommen zu lassen, als vielmehr darum, ihm eine wertmäßige Zuwendung zu machen.[95]

 

Rz. 38

Fraglich ist auch, was gelten soll, wenn der vermachte Gegenstand untergegangen oder beschädigt worden ist, oder wenn gar eine Verbindung oder Vermischung mit einer anderen Sache stattgefunden hat. Für diese Fälle sieht das Gesetz verschiedene Auslegungsvarianten vor.[96] Gemäß § 2164 Abs. 2 BGB umfasst das Vermächtnis im Zweifel auch den Anspruch auf Ersatz oder Minderung, wenn der Vermächtnisgegenstand beschädigt ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Gegenstand nach Anordnung des Vermächtnisses untergegangen ist oder dem Erblasser entzogen wurde (§ 2169 Abs. 3 BGB). Für den Fall der Verbindung, Vermischung oder Vermengung bestimmt § 2172 Abs. 2 BGB einen dadurch erworbenen Miteigentumsanteil als vermacht, wenn die Verbindung durch einen anderen als den Erblasser erfolgt ist.[97]

 

Hinweis

Bei einem Gegenstandsvermächtnis ist darauf zu achten, dass die Sache so genau wie möglich bezeichnet wird und für jedermann erkennbar ist, welcher Gegenstand gemeint ist. Ebenso sollten Sachen, die zu einem bestimmten Gegenstand gehören, dem Vermächtnisnehmer mit zugedacht werden (z.B. bei einem wertvollen Bild die vorhandene Expertise etc.). Um der Auslegungsregel des § 2164 BGB Rechnung zu tragen, sollte bei einem Sachvermächtnis klargestellt werden, ob dies auch das Zubehör i.S.v. §§ 97, 98 BGB mit umfasst.

[94] BGHZ 22, 357; OLG Nürnberg NJW 1956, 1882.
[95] BGHZ 22, 357, 362.
[96] OLG Nürnberg NJW 1956, 1882.
[97] MüKo/Rudy, § 2172 Rn 1.

b) Vermächtnisweise Zuwendung eines Grundstücks

 

Rz. 39

Bei Grundstücksvermächtnissen[98] ist eine genaue Grundbuchbezeichnung empfehlenswert.[99] Der Berater sollte sich einen aktuellen Grundbuchauszug vorlegen lassen, bzw. anfordern, um die Eigentumsverhältnisse überprüfen zu können, und um zu prüfen, ob nicht vielleicht mehrere Objekte auf einer Grundstücksparzelle stehen. Der Mandant hat in den seltensten Fällen Kenntnis vom Inhalt des Grundbuches und den sein Eigentum betreffenden Angaben.

Bei Anordnung eines Grundstücksvermächtnisses sind die Kosten der Vermächtniserfüllung zu regeln, die grundsätzlich der Beschwerte trägt, wenn der Erblasser nichts anderes angeordnet hat (vgl. Rdn 102).[100]

Häufig spielt auch die Lastentragung (vgl. Rdn 103) gerade bei Grundstücksvermächtnissen eine große Rolle.[101] Da es sich bei Schulden grundsätzlich um Nachlassverbindlichkeiten handelt, die von den Erben zu tragen sind, kann es oftmals zu Auslegungsschwierigkeiten führen, ob der Vermächtnisnehmer oder die Erben die Verbindlichkeiten zu tragen haben, wenn die Schulden zum Erwerb der Immobilie gemacht wurden. Unbedingt zu klären sind bei Grundpfandrechten die zugrunde liegenden Kreditverträge. Wichtig ist dabei, ob die Kredite auch das Vermächtnisgrundstück betreffen oder etwa ein anderes Objekt.

 

Rz. 40

Schwierigkeiten bestehen auch hinsichtlich der Frage, ob der Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf Beseitigung von Belastungen (dingliche Rechte) hat, wenn auf dem Grundstück, das durch Vermächtnis zugewandt werden soll, Grundschulden oder Hypotheken eingetragen sind (vgl. Rdn 105). Die Frage der Beseitigung der Belastung ist in der Verfügung von Todes wegen zu klären,...

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