Rz. 95

Treffen § 2318 Abs. 1 BGB und § 2318 Abs. 2 BGB in der Weise zusammen, dass neben einem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer und einem nicht pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer noch ein weiterer Pflichtteilsberechtigter vorhanden ist, der keinen Vermächtnisanspruch hat, ist vorab das Vermächtnis des pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmers, soweit es nicht nach § 2318 Abs. 2 BGB zu kürzen ist, vom Nachlass abzuziehen. Der Teil des Vermächtnisses, der nicht durch § 2318 Abs. 2 BGB geschützt ist, unterliegt dann voll dem Kürzungsrecht des § 2318 Abs. 1 BGB. Den anderen Teil des Vermächtnisses, der der Höhe des Pflichtteils entspricht, erhält der Vermächtnisnehmer ungekürzt.

 

Beispiel

Erblasser E hinterlässt zwei Söhne A und B. Sohn A erhält ein Vermächtnis von 2.000 EUR. Der Nachlass beträgt 8.000 EUR. Ein Dritter D erhält ebenfalls ein Vermächtnis i.H.v. 2.000 EUR. Alleinerbe wird X. Der Sohn B macht seinen Pflichtteil geltend. Wer hat die Pflichtteilslast zu tragen?

Lösung

Zuerst ist das Vermächtnis des pflichtteilsberechtigten Sohnes A auszubezahlen (§ 2318 Abs. 2 BGB). Die Pflichtteilslast des B, ebenfalls i.H.v. 2.000 EUR, ist gem. § 2318 Abs. 1 BGB zwischen X und D aufzuteilen (8.000–2.000 EUR = 6.000 EUR = 4.000 EUR : 2.000 EUR = 2:1). X hat somit von den 2.000 EUR ⅔ (= 1.333,33 EUR) zu tragen. Er kann den Vermächtnisanspruch des D um 666,66 EUR kürzen. Das Vermächtnis von A ist nicht zu kürzen, da es genau dem Pflichtteil entspricht.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge