Rz. 8

Im Zusammenhang mit dem Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung eines Bewerbers ist im Einzelnen Folgendes zu erwähnen:

I. Fragen zur Person des Bewerbers

 

Rz. 9

Zulässig sind allgemeine Fragen zur Person des Bewerbers, wie Name (ggf. Geburtsname), Wohnort, Name und Anschrift der gesetzlichen Vertreter, Staatsangehörigkeit einschließlich Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis. Zulässig sind weiter Fragen nach der zuständigen Krankenkasse und der Rentenversicherung sowie Fragen nach laufenden Renten/Pensionen (Zeller, BB 1987, 1522). Da nach §§ 7, 1 AGG ein Benachteiligungsverbot wegen des Alters besteht, ist die Frage danach wohl nur dann unproblematisch, wenn für die Besetzung der Stelle Volljährigkeit vorausgesetzt werden kann. I.Ü. sollte auf die Frage nach dem Alter verzichtet werden, um eine potenzielle Indizwirkung einer Benachteiligung zu vermeiden (vgl. Schaub, ArbRHB, § 26 Rn 19; MüKo-BGB/Thüsing, § 11 AGG Rn 17).

 

Rz. 10

Ebenfalls unter Berücksichtigung der §§ 7, 1 AGG sind Fragen unzulässig, ob bei weiblichen Arbeitnehmern eine Heirat geplant ist oder ob der Bewerber in einer Lebensgemeinschaft lebt oder homosexuell ist (vgl. Schaub, ArbRHB, § 26 Rn 22, 25). Nach der Einstellung ist die Frage nach dem Familienstand aber schon im Hinblick auf eine etwaige Sozialauswahl im Fall beabsichtigter Kündigungen zulässig.

 

Rz. 11

Fragen von Zugangsberechtigungen zu sozialen Medien

Die Frage nach Passwörtern für den Zugang zu sozialen Medien ist grundsätzlich unzulässig. Die Zulässigkeit kann nicht auf § 26 Abs. 1 BDSG gestützt werden.

II. Beruflicher Werdegang

 

Rz. 12

Der Bewerber muss Fragen über seine Schulausbildung einschließlich Prüfungsnoten und nach seinem beruflichen Werdegang wahrheitsgemäß beantworten. Mit der Aussetzung des Pflichtwehrdienstes hat die Frage nach einer bevorstehenden Einberufung ihre Bedeutung verloren. Nach einem abgeleisteten Wehr- oder Zivildienst darf nicht gefragt werden (vgl. Schaub, ArbRHB, § 26 Rn 36).

III. Vorbeschäftigung bei befristetem Arbeitsverhältnis

 

Rz. 13

Angesichts der eminenten Bedeutung einer vorherigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber wird im Zusammenhang mit einer beabsichtigten befristeten Einstellung nach § 14 Abs. 2 TzBfG allgemein anerkannt, dass der Arbeitgeber nach einer früheren Beschäftigung fragen darf und der Arbeitnehmer wahrheitsgemäß antworten muss (vgl. BAG v. 23.1.2019 – 7 AZR 161/15, NZA 2019, 1029).

IV. Frühere Vergütungen

 

Rz. 14

Die Zulässigkeit der Frage nach der bei dem bisherigen Arbeitgeber bezogenen Vergütung wird unterschiedlich beurteilt. Das BAG hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung bezogen, aber festgestellt, dass die Frage unzulässig ist, wenn die bisherige Vergütung für die erstrebte Stelle keine Aussagekraft hat und der Bewerber sie auch nicht von sich aus als Mindestvergütung gefordert hat (BAG v. 9.5.1983, AP Nr. 25 zu § 123 BGB = DB 1984, 298; Schaub, ArbRHB, § 26 Rn 33). Teilt der Arbeitnehmer sein früheres Gehalt bewusst zu hoch mit, um den Arbeitgeber zu einer höheren Vergütungsvereinbarung zu bewegen, ist der Arbeitgeber ggf. zur Anfechtung des Arbeitsvertrages insgesamt, nicht nur der Gehaltsvereinbarung berechtigt.

V. Gesundheitszustand

 

Rz. 15

Fragen nach Erkrankungen sind nach Art. 9 DSGVO grundsätzlich untersagt, denn sie bedeuten einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und Datenschutzrechte des Bewerbers. Sie sind daher nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Betroffene einwilligt oder die Abfrage erforderlich ist für die Beurteilung, ob der Betroffene in der Lage ist, seinen Pflichten am vorgesehenen Arbeitsplatz nachzukommen, also die zu leistende Tätigkeit erbringen kann, vgl. Art 9 Abs. 2 Nr. 2 DSGVO, § 26 Abs. 3 BDSG. Der Arbeitgeber kann daher fragen,

ob eine Erkrankung bzw. Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vorliegt, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist,
ob zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme bzw. in absehbarer Zeit mit einer längeren Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ist, die auf Krankheit, Operation oder Kur beruht,
ob eine ansteckende Krankheit vorliegt, die zwar die Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, jedoch Arbeitskollegen bzw. Dritte gefährdet (BAG v. 7.6.1984, AP Nr. 26 zu § 123 BGB = DB 1984, 2706).

Beim Impfstatus (einschl. einer Covid-19-Impfung) gibt es keine generelle Auskunftspflicht des ArbN; der Arbeitgeber darf daher nicht danach fragen. Anderes gilt aufgrund infektionsschutzrechtlicher Vorschriften, z.T. aber nur für bestimmte Bereiche und z.T. nur hinsichtlich der Covid-19-Impfung, beispielsweise in der Pflege, vgl. Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG, § 94 Rn 25a.

 

Rz. 16

Bestimmte, unter dem Gesichtspunkt einer Erkrankung thematisierte Erscheinungen können dem Behindertenbegriff des § 1 AGG unterfallen. Dies gilt vor allem unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH v. 11.7.2006 (= EuZW 2007, 13–17). Der Begriff der Behinderung erfasst danach eine Einschränkung, die insb. auf physische, geistige und psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist und die ein Hindernis für die T...

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