Rz. 573

Nachdem die ersten beiden Prüfpunkte, Ansässigkeit und DBA, abgearbeitet sind, ist damit der Umfang der Besteuerung in den beiden beteiligten Staaten abgesteckt. Es ist geklärt, welcher der beiden Staaten welche Einkünfte des Mitarbeiters besteuern wird. Es bleibt jetzt noch die Frage, wie die beiden Staaten technisch an ihre Steuern herankommen. Damit sind die sog. Erhebungsformen der Steuer angesprochen. Muss der Mitarbeiter eine Steuererklärung abgeben, sind Vorauszahlungen zu leisten, muss Lohnsteuer einbehalten werden usw. Beim internationalen Personaleinsatz steht für das Unternehmen naturgemäß die Lohnsteuer als eine spezielle Erhebungsform bei Gehältern im Fokus. Denn wenn das Unternehmen einer etwaigen Lohnsteuerpflicht nicht korrekt nachkommt, kann eine direkte Haftung entstehen. Die Lohnsteuer wird deshalb weiter unten als gesonderter Punkt behandelt (s. Rdn 586 ff.). Zunächst werden jedoch die allgemeinen Regeln der Steuererhebung, die für die Mitarbeiter bei unbeschränkter bzw. beschränkter Steuerpflicht relevant sind, dargestellt.

Die Erhebungsformen bei einem ansässigen, unbeschränkt steuerpflichtigen Mitarbeiter unterscheiden sich deutlich von denen bei einem Nicht-Ansässigen.

I. Unbeschränkte Steuerpflicht

 

Rz. 574

Regelmäßig muss der Mitarbeiter in allen Staaten, in denen er steuerlich ansässig ist, eine Einkommensteuererklärung abgeben. In dieser Erklärung sind die gesamten weltweiten Einkünfte anzugeben. Werden nicht alle Einkünfte deklariert, begeht der Mitarbeiter tendenziell Steuerhinterziehung. Der Arbeitgeber sollte die internationalen Mitarbeiter unbedingt auf diese Pflichten hinweisen und deren Einhaltung auch kontrollieren. Dazu ist es regelmäßig erforderlich, einen unabhängigen Dritten, normalerweise einen international versierten Steuerberater, einzuschalten. Nach Abgabe der Erklärung ergeht in aller Regel ein Steuerbescheid, in dem die Steuer festgesetzt wird. Alle bereits geleisteten Vorauszahlungen inkl. Lohnsteuer werden angerechnet. Bei unbeschränkter Steuerpflicht des Mitarbeiters sind die Regeln der Steuererhebung deshalb relativ einfach.

II. Beschränkte Steuerpflicht

 

Rz. 575

Deutlich komplizierter stellt sich die Lage bei einem nur beschränkt Steuerpflichtigen dar. Beispielhaft wird im Folgenden die Steuererhebung in solch einem Fall anhand der in Deutschland geltenden Rechtslage dargestellt. Die entsprechenden steuerlichen Vorschriften sind die §§ 49 ff. EStG.

Zunächst sind die beschränkt steuerpflichtigen Quelleneinkünfte jeweils einer von zwei Einkunftsgruppen zuzuordnen. Entweder zu der Gruppe von Einkünften, bei denen ein sog. Quellensteuereinbehalt erfolgt oder zu der zweiten Gruppe, bei der ein solcher Einbehalt nicht erfolgt.

1. Einkünfte mit Quellensteuereinbehalt

 

Rz. 576

Eine Quellensteuer ist eine Steuer, die direkt an der Einkunftsquelle erhoben wird. Der Zahlende dieser Einkünfte ist verpflichtet, die Quellensteuer direkt einzubehalten und an den Fiskus abzuführen. Diesen Teil seiner Einkünfte sieht der Steuerpflichtige erst gar nicht. In Deutschland existieren verschiedene Quellensteuern. Die wohl bekannteste dürfte die Lohnsteuer sein. Der Arbeitgeber als Einkunftsquelle und Zahlstelle ist verpflichtet, die Lohnsteuer direkt an der Quelle einzubehalten und abzuführen. Ein anderes Beispiel für eine Quellensteuer ist die "Abgeltungssteuer" auf Kapitaleinkünfte. Dabei werden z.B. auf Zinsen und Dividenden bei der Auszahlung 25 % Quellensteuer einbehalten.

Hat ein beschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte, die einer Quellensteuer unterliegen, gelten für diese Einkünfte besondere Besteuerungsregeln.

 

Rz. 577

Die wichtigste ist die sog. Abgeltungswirkung. Durch den Einbehalt der Quellensteuer ist die deutsche Steuer abgegolten. Der Steuerpflichtige muss keine Steuererklärung mehr einreichen, ja er kann und darf normalerweise keine Erklärung für diese Einkünfte abgeben. Mit der Quellensteuer ist die deutsche Steuer erledigt.

 

Rz. 578

 

Beispiel 30:

Der Mitarbeiter M wird am 01.01.01 für drei Jahre nach OECD-Land entsandt. Seinen deutschen Wohnsitz gibt er auf. Er hält Aktien an einer deutschen AG, die am 01.10.01 eine Dividende von 10.000 an M ausschüttet.

 

Lösung:

M ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Die Dividenden gelten nach § 49 EStG als aus deutschen Quellen bezogen, weil sie von einer deutschen Gesellschaft gezahlt werden. Auch nach dem DBA mit OECD-Land hat Deutschland ein Besteuerungsrecht. Der Steuersatz ist allerdings gem. Art. 10 DBA-OECD auf 15 % begrenzt. Die Dividendenausschüttung unterliegt der Abgeltungssteuer von 25 %. Die auszahlende Stelle behält deshalb 2.500 ein, auf M’s Bankkonto gehen 7.500 ein. Mit dem Einbehalt der 2.500 Quellensteuer sind für M alle steuerlichen Verpflichtungen in Deutschland erledigt. Da das DBA das deutsche Besteuerungsrecht auf 15 % begrenzt, kann M allerdings eine Erstattung der zu viel einbehaltenen 1.000 beantragen.

 

Rz. 579

Von dem Grundsatz der Abgeltungswirkung gibt es Ausnahmen. Die für den internationalen Mitarbeitereinsatz wichtigste ist in § 50 Abs. 2 Nr. 4b EStG geregelt. Beschränkt Steuerpflichtige EU-Sta...

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