Rz. 566

Nach der BFH-Rechtsprechung[21] ist eine Abfindung zwar als Gehalt zu qualifizieren, sie ist jedoch keiner Tätigkeit des Mitarbeiters zuzuordnen. Deshalb ist sie keine nachträgliche Vergütung für in der Vergangenheit geleistete Arbeit. Sie ist auch nicht eine Vergütung für irgendeine zukünftige Arbeit, die der Mitarbeiter geleistet hätte, wäre das Dienstverhältnis nicht aufgelöst worden. Die Abfindung ist mit anderen Worten einfach Gehalt, gehört aber nicht zu irgendeiner Tätigkeit des Mitarbeiters.

Daraus ergibt sich, dass nach Art. 15 OECD-MA ausschließlich der Staat das volle Besteuerungsrecht für die Abfindung hat, der im Moment der Abfindungszahlung der Ansässigkeitsstaat nach DBA ist. Ist der Mitarbeiter z.B. in beiden beteiligten Staaten unbeschränkt steuerpflichtig, so wollen beide Staaten die Abfindung besteuern. Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA hat jedoch nur der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht. Welcher der beiden Staaten der Ansässigkeitsstaat ist, wird über den Tie-Breaker-Artikel geklärt. Der Nichtansässigkeitsstaat hätte gem. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA überhaupt nur dann einen Besteuerungsanspruch, wenn die Arbeit, für die die Abfindung gewährt wird, in diesem Staat ausgeübt wurde. Laut BFH ist die Abfindung aber gerade keiner Tätigkeit/Arbeitsausübung zuzuordnen. Damit bleibt es dabei, dass nur der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht hat.

Diese Rechtslage gilt grundsätzlich für alle DBA, in denen der Wortlaut des Gehaltsartikels dem Wortlaut von Art. 15 OECD-MA entspricht. Abweichende Ergebnisse können sich aus einem anderen DBA-Wortlaut ergeben, z.B. DBA-Frankreich. Daneben hat Deutschland mit verschiedenen Ländern Konsultationsvereinbarungen bezüglich der Besteuerung von Abfindungen getroffen, z.B. Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Schweiz. Darin werden ebenfalls andere Regelungen getroffen. Derartige Konsultationsvereinbarungen werden allerdings vom BFH nicht immer als rechtsverbindlich eingestuft und sind daher in diesen Fällen unbeachtlich.

 

Rz. 567

Zusammenfassend sind Abfindungen aus deutscher Sicht meistens in dem DBA-Staat zu versteuern, in dem der Mitarbeiter bei Auszahlung der Abfindung ansässig ist. Diese Konsequenz ergibt sich nicht im Verhältnis zu Staaten, mit denen Deutschland kein DBA abgeschlossen hat.

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