Rz. 62

Grundsätzlich muss auch das Berufungsgericht besonders sorgfältig prüfen, ob die Ungeeignetheit des Betroffenen noch fortbesteht. Dabei ist es selbstverständlich an die im erstinstanzlichen Urteil getroffene Prognose nicht gebunden (OLG München DAR 1977, 49). Namentlich muss die vorläufige Entziehung dann aufgehoben werden, wenn in der Berufungsverhandlung eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr zu erwarten ist (OLG Frankfurt zfs 1992, 319; LG Neuruppin StV 2004, 125), zumal die endgültige Entziehung zwingend die im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch fortdauernde Ungeeignetheit des Täters voraussetzt (OLG Naumburg zfs 1999, 401). Eine Aufhebung der vorläufigen Entziehung kommt vor allem bei besonders langer Verfahrensdauer (OLG Düsseldorf zfs 1994, 18; LG Zweibrücken zfs 2000, 510; OLG Hamm zfs 2002, 199; LG München DAR 2014, 280) oder bei groben Verstößen gegen das Beschleunigungsgebot (LG Köln NZV 1991, 243; LG Zweibrücken DAR 1999, 517; BVerfG NZV 2005, 537) infrage, zumal mit fortschreitender Entzugsdauer das Beschleunigungsgebot und die Unschuldsvermutung immer größeres Gewicht gewinnt.

Das OLG Hamm (NZV 2007, 639) sieht die Aufrechterhaltung der vorläufigen Entziehung dagegen erst bei groben Pflichtverletzungen und erheblichen, von der Justiz zu vertretenden Verzögerungen als unzulässig an.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge