1. Formelle Erfordernisse
a) Zuständigkeit
Rz. 99
Unter Zuständigkeit ist die sachliche, instanzielle und örtliche Zuständigkeit zu verstehen (vgl. dazu insbesondere die jeweiligen Landesorganisationsgesetze und die speziellen landesrechtlichen Zuständigkeitsregeln).[135]
b) Form
Rz. 100
Der Erlass eines VA erfolgt grundsätzlich formfrei, § 37 Abs. 2 VwVfG; aber Spezialregelungen beachten, z.B.: § 10 Abs. 7 BImSchG; § 16 StAG; §§ 69 Abs. 2 S. 1 und 74 Abs. 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 VwVfG.
Rz. 101
Danach kann ein VA erlassen werden:
▪ | schriftlich |
▪ | elektronisch |
▪ | mündlich |
▪ | in anderer Weise |
Rz. 102
Ein VA ist in anderer Weise erlassen, wenn er durch Zeichen oder konkludentes Handeln ergeht. Im Verkehrsrecht ist hier vor allem die Verkehrsregelung durch Polizeibeamte mit Handzeichen und durch maschinelle Zeichen wie Lichtzeichen von Verkehrsampeln und anderen Verkehrseinrichtungen zu nennen.
Rz. 103
Oben (siehe § 2 Rdn 42 ff.) wurde dargelegt, dass die Entziehung der FE aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes des betroffenen Kraftfahrers und aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie aus dem Bestimmtheitsgebot der Schriftform bedarf.
Rz. 104
Die FE ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen (§ 2 Abs. 1 S. 3 StVG, § 4 Abs. 2 S. 1 FeV). Der Führerschein hat konstitutive Bedeutung insofern, als die FE durch die Aushändigung des Führerscheins erteilt wird (§ 22 Abs. 4 S. 7 FeV). Der Führerschein wird nach Muster 1 bis 4 der Anlage 8 zur FeV ausgefertigt (§§ 25 Abs. 1 S. 1, 26 Abs. 1, 48 Abs. 3 FeV). Insofern unterliegt der Führerschein besonderen Förmlichkeiten (vgl. insgesamt insbesondere Anlage 8 zur FeV).
Rz. 105
Die Verfügungen, durch die die FE entzogen wird (§ 3 Abs. 1 StVG, § 46 f. FeV) und durch die zur Ablieferung des Führerscheins aufgefordert wird (§ 3 Abs. 2 S. 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV), bedürfen dann als die der Erlaubnis entgegengesetzten Akte aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Schriftform.
Rz. 106
Im Übrigen gilt § 37 Abs. 2 S. 2 VwVfG, wonach ein mündlicher VA schriftlich oder elektronisch zu bestätigen ist, wenn hieran ein berechtigtes Interesse (z.B. Überprüfung der Einlegung von Rechtsbehelfen) besteht und der Betroffene dies unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern) verlangt. Die Bestätigung stellt keine neue Regelung und keinen Neuerlass eines VA dar, so dass die Rechtsbehelfsfrist grundsätzlich ab Bekanntgabe des mündlichen VA beginnt. Mit Blick auf § 58 Abs. 1 VwGO (schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung) läuft hier allerdings die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO. Umfasst der bestätigende schriftliche VA jetzt aber eine fehlerfreie Rechtsbehelfsbelehrung, so läuft allerdings ab dessen Bekanntgabe die Monatsfrist.
Rz. 107
Erfolgt durch die Bestätigung eine abweichende oder neue Regelung, so ist hierin ein neuer VA zu sehen. Wird der Antrag auf schriftliche Bestätigung des VA abgelehnt, so beinhaltet auch dies einen VA, gegen den die VA-spezifischen Rechtsbehelfe eingelegt werden können.
c) Verfahren
Rz. 108
Grundsätzlich ist das Verfahren nichtförmlich (§ 10 VwVfG); aber auch hier Spezialregelungen beachten, insbesondere:
▪ | Anhörung vor Erlass eines eingreifenden VA (§ 28 VwVfG; keine Ausnahme gem. § 28 Abs. 2 VwVfG). Nachträgliche Anhörung möglich, wenn Gelegenheit zur Äußerung im Widerspruchsverfahren. |
▪ | Akteneinsicht (§ 29 VwVfG) |
▪ | Begründung (§ 39 VwVfG; keine Ausnahme gem. § 39 Abs. 2 VwVfG) |
▪ | Ausschluss wegen Besorgnis der Befangenheit (vgl. §§ 20, 21 VwVfG) |
▪ | Geheimhaltungspflicht (§ 30 VwVfG). |
Rz. 109
Hinweis
Beachte darüber hinaus § 44a VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können.
d) Heilungsmöglichkeit von Form- und Verfahrensfehlern (§ 45 VwVfG)
Rz. 110
Nach § 45 Abs. 1 VwVfG können u.a. der für den Erlass des VA erforderliche Antrag nachträglich gestellt, die erforderliche Begründung des VA nachträglich gegeben und die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt werden. Diese Handlungen können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 45 Abs. 2 VwVfG).[136]
e) Unbeachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern (§ 46 VwVfG)
Rz. 111
Ist offensichtlich, dass die Verletzung von Verfahrens-, Form- und Zuständigkeitsvorschriften (örtlich) die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, und liegt kein Fall der Nichtigkeit vor, so kann die Aufhebung des VA jedenfalls auf diese Fehler nicht gestützt werden.
f) Umdeutung (§ 47 VwVfG)
Rz. 112
Ein fehlerhafter VA kann unter bestimmten Voraussetzungen in einen rechtmäßigen VA...
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