a) Grundsätzlich Monatsfrist

 

Rz. 68

Grundsätzlich ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben wurde, einzulegen (zur Problematik insgesamt siehe oben § 38 Rdn 1 ff.).[97] Eine anders als durch amtliche Bekanntgabe vermittelte Kenntnis des Beschwerten vom Verwaltungsakt kann die Widerspruchsfrist grundsätzlich nicht in Lauf setzen.[98]

[97] Zu diesem Abschnitt vgl. auch §§ 43, 41 VwVfG, LandesVwZG, BVwZG. Zur Bekanntgabe und Zustellung im öffentlichen Recht vgl. den Überblick bei Vahle, VR 1993, 31; App, DVP 1996, 143; Erichsen/Hörster, Die Bekanntgabe von Verwaltungsakten, Jura 1997, 659; Kintz, Zustellung und Frist in der öffentlich-rechtlichen Arbeit, JuS 1997, 1115; Gregarek/Stollmann, Die neuere Rechtsprechung zur Zustellung im Verwaltungsrecht, BayVBl 1997, 486; zum Überblick über Berechnung von Fristen nach dem VwVfG: App, VR 1993, 3; Brühl, JuS 1994, 155; Pietzner/Ronellenfitsch, §§ 33 B, 34. Zur Vermutung der Bekanntgabe eines Bescheides bei einer Übermittlung durch die Post gemäß § 12 NRW KAG, §§ 80, 122 AO 1977, soweit sie § 41 Abs. 2 VwVfG entsprechen, siehe OVG NRW NVwZ-RR 1997, 77; speziell zur Bekanntgabe von Verkehrszeichen und zur Frage der dabei beginnenden Frist vgl. BVerwG zfs 2011, 52.
[98] Vgl. dazu Kopp/Ramsauer, § 41 Rn 7 ff.

b) Bekanntgabe per Telefax

 

Rz. 69

Die Behörde kann einen Bescheid auch mit Hilfe moderner Übermittlungsmethoden bekannt geben, wie z.B. per Telefax.[99] Voraussetzung hierzu ist aber, dass der Empfänger die Übermittlung durch Telefax auch zugelassen hat. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn auf dem Briefkopf die Mitteilung der Fax-Nummer erfolgt ist. Der Absender muss allerdings im Zweifel die Bekanntgabe beweisen; Übertragungsfehler gehen grundsätzlich zu seinen Lasten.[100]

 

Rz. 70

Bescheide per Telefax werden gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG mit der Übermittlung wirksam. Für sie gilt nicht § 41 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VwVfG, da es sich beim Fax nicht um eine Übermittlung durch die Post handelt.[101] Beim Telefax bleibt es aber auch nach der Rechtsänderung durch § 3a VwVfG bei dieser Rechtslage, da es sich beim Fax nicht um eine Datei und damit nicht um ein elektronisches Dokument handelt.[102] Auch ein Computerfax ist kein elektronisches Dokument, da es lediglich in Papierform vom Telefaxgerät ausgedruckt wird.[103]

[99] BFH NJW 1998, 2383; OLG Frankfurt a.M. NJW 200, 1653, 1654; NdsOVG NJW 2002, 1969 m.w.N. aus der Literatur.
[100] Kopp/Ramsauer, § 41 Rn 15.
[101] NdsOVG NJW 2002, 1969 f.
[102] Alpmann/Schmidt, Rechtsprechung Aktuell 2002, S. 68; a.A. wohl Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1288.
[103] Kopp/Schenke, § 86a Rn 4 m.w.N.

c) Bekanntgabe und Zugang elektronischer Nachrichten im Verwaltungsverfahren; E-Mail

 

Rz. 71

Das VwVfG sieht bei der elektronischen Übermittlung eines Verwaltungsaktes (z.B. Übersendung des jetzt mit Widerspruch anzugreifenden Bescheides per E-Mail) eine Bekanntgabefiktion von drei Tagen nach Absendung (§ 41 Abs. 2 S. 2 VwVfG) vor. Die Behörde hat den Zugang des VA und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 42 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 VwVfG).[104] Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet (§ 3a Abs. 1 VwVfG).[105] Maßgeblich ist hier aber eine dem VwVfG entsprechende Regelung im jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetz (nachvollzogen z.B. in § 3a SaarlVwVfG; vgl. Rdn 60 ff.).

 

Rz. 72

Ob der Zugang i.S.d. § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet wurde, richtet sich nach der Verkehrsanschauung. Die Gesetzesbegründung nimmt im Geschäftsverkehr bei Behörden, Gerichte, Firmen und Selbstständigen bereits durch einen wie immer gestalteten Internetauftritt (Homepage) oder aufgrund der Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf an, dass auf elektronischem Weg auch rechtserhebliche Nachrichten entgegengenommen werden.[106] Dies soll insbesondere auch bei einem Rechtsanwalt gelten.[107] Erfolgt hier kein ausdrücklicher Ausschluss oder zumindest eine Begrenzung auf bestimmte Verfahren, Handlungsformen oder Datei- und Signaturformate, so ist der Zugang ohne explizite Zulassung elektronischer Kommunikation eröffnet.[108]

 

Rz. 73

Beim Bürger, also bei privater Nutzung, wird dagegen die bloße Angabe einer E-Mail-Adresse auf seinem Briefkopf derzeit wohl noch nicht im Sinne einer Bereitschaft zum Empfang von rechtlich verbindlichen Erklärungen verstanden werden können. Bei ihm kann im Regelfall von der Eröffnung eines Zugangs nur ausgegangen werden, wenn er dies gegenüber der Behörde ausdrücklich erklärt hat.[109]

[104] Einzelheiten bei Skrobotz, VR 2003, 397, 399 f.
[105] HK-VerwR/Schwarz, § 41 VwVfG, Rn 13 mit Hinweis auf § 3a VwVfG Rn 8 ff und 20 ff.
[106] Skrobotz, VR 2003, 397, 398; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 3a BVwVfG: BT-Drucks 14/9000, S. 30 f.; HK-VerwR/Kastner, § 3a VwVfG, Rn 10 f.
[107] Schlatmann, DVBl. 2002, 1005, 1008 f.; Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281, 1285; Kopp/Ramsauer, § 3a Rn 12; HK-VerwR/Kastner, § 3a VwVfG, Rn 11.
[108] Skrobotz, VR 2003, 397, 398; Kopp/Ramsauer, § 3a Rn 12.
[109] Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281, 1285 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, § 3a Rn 10 f; HK-VerwR/Kastner, §...

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