Rz. 497

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 546 ff.

 

Rz. 498

Eine Verhandlungspause (z.B. weil die weitere gesundheitliche Entwicklung abgewartet werden soll) beendet grundsätzlich nicht die Verhandlung. Es ist Aufgabe des Haftpflichtversicherers, die Initiative zur Wiederaufnahme von Verhandlungen zu ergreifen.[461] In Zweifelsfällen ist dem Versicherer zuzumuten, durch entsprechende Rückfragen Klarheit zu schaffen.[462]

 

Rz. 499

Nach § 203 S. 1 BGB endet die Hemmung der Verjährung auch durch das Einschlafen der Verhandlungen. Schlafen die Verhandlungen ein oder werden sie verschleppt, entfällt die Hemmung in demjenigen Zeitpunkt, zu dem eine Erklärung oder Antwort der jeweils anderen Seite[463] – sei es des Gläubigers oder des Schuldners – auf die letzte Äußerung des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre[464] (siehe ergänzend Rdn 532 f.). Der Geschädigte kann sich auf die Hemmung dann nicht mehr berufen, wenn er sich nach einer Regulierung durch den Versicherer längere Zeit nicht mehr meldet, Ersatzansprüche nicht mehr weiterverfolgt und eine Ablehnung durch den Versicherer reine Förmelei wäre.[465]

 

Rz. 500

Es ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem nach Treu und Glauben in der jeweiligen Situation der nächste Schritt spätestens zu erwarten gewesen wäre.[466]

 

Rz. 501

Will der Ersatzpflichtige die Fortsetzung der Verhandlung verweigern und die Hemmung der Verjährung beseitigen, muss er dieses auch durch sein Verhalten verdeutlichen.[467] Für das Beendigen der Verhandlungen reicht nicht allein schon aus, dass der Ersatzpflichtige (derzeit) seine Einstandspflicht verneint, wenn er nicht zugleich klar und eindeutig den Verhandlungsabbruch zum Ausdruck bringt.[468]

 

Rz. 502

Allein das Signalisieren der Bereitschaft zum Wiedereinstieg in die Regulierung ist noch nicht als Verjährungsverzicht auszulegen. Die Wiederaufnahme von zuvor (durch Einschlafenlassen) beendeten Verhandlungen erfordert eine diesbezügliche Willensäußerung beider Verhandlungsparteien.[469] Äußerungen im Rahmen eines TV-Interviews kommt regelmäßig nicht der Charakter eines Verjährungsverzichts zu.[470]

[461] BGH v. 7.4.1987 – VI ZR 55/86 – DAR 1987, 285 = MDR 1987, 925 = NJW-RR 1987, 916 = r+s 1987, 270 = VersR 1987, 937 = VRS 73, 88 = zfs 1987, 324 (nur Ls.); BGH v. 7.1.1986 – VI ZR 203/84 – DAR 1986, 147 = MDR 1986, 489 = NJW 1986, 1337 = r+s 1986, 154 = VerkMitt 1987, 34 = VersR 1986, 490 = VRS 70, 422 = zfs 1986, 196 (nur Ls.).
[462] Vgl. OLG Düsseldorf v. 17.4.1989 – 1 U 110/88 – NJW-RR 1990, 472 = NZV 1990, 191 = r+s 1990, 225 = VRS 78, 424 = zfs 1990, 185 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 16.1.1990 – VI ZR 151/89).
[463] Es kommt nicht nur auf den Ersatzberechtigten an: BGH v. 8.11.2016 – VI ZR 594/15 – MDR 2017, 86 = NJW 2017, 949 = r+s 2017, 156 = VersR 2017, 165 (Verhandlungen können nicht nur dann einschlafen, wenn der Gläubiger den Zeitpunkt versäumt, zu dem er spätestens auf eine Äußerung des Schuldners hätte antworten müssen; dies gilt umgekehrt auch für den Schuldner. Verhandlungen können unabhängig davon einschlafen, ob der Gläubiger oder der Schuldner weitere Verhandlungsschritte unterlassen hat).
[464] BGH v. 8.11.2016 – VI ZR 594/15 – MDR 2017, 86 = NJW 2017, 949 = r+s 2017, 156 = VersR 2017, 165; BGH v. 6.11.2008 – IX ZR 158/07 – AnwBl 2009, 233 = BauR 2009, 551 = BB 2009, 410 = MDR 2009, 275 = NJW 2009, 1806 = VersR 2009, 945 = WM 2009, 282; BGH v. 5.11.2002 – VI ZR 416/01 – DAR 2003, 161 = NJW 2003, 895 = NZV 2003, 80 = r+s 2003, 36 = SP 2003, 72 = VersR 2003, 99 = zfs 2003, 174; BGH v. 6.3.1990 – VI ZR 44/89 – DAR 1990, 226 = MDR 1990, 809 = NJW-RR 1990, 664 = VersR 1990, 755 = zfs 1990, 28 (Verjährung bei Zwischenvergleich); BGH v. 7.1.1986 – VI ZR 203/84 – DAR 1986, 147 = MDR 1986, 489 = NJW 1986, 1337 = r+s 1986, 154 = VerkMitt 1987, 34 = VersR 1986, 490 = VRS 70, 422 = zfs 1986, 196 (nur Ls.); BGH v. 28.3.1985 – III ZR 20/84 – VersR 1985, 642 = zfs 1985, 260 (nur Ls.); BGH v. 15.3.1966 – VI ZR 214/64 – VersR 1966, 618; OLG Celle v. 20.10.1994 – 8 U 164/93 – SP 1995, 90 = VersR 1995, 1173 (zu § 12 VVG a.F.); OLG Hamm – SchiffObGer v. 3.11.1998 – 27 U 220/98 BSch – NZV 1999, 334; OLG Düsseldorf v. 21.3.1997 – 22 U 208/96 – VersR 1999, 68; OLG Köln v. 17.3.2008 – 5 W 66/07 – r+s 2008, 257060018; LG Münster v. 29.9.2003 – 15 O 116/03 – r+s 2005, 264.
[465] OLG Düsseldorf v. 14.7.1989 – 15 U 205/88 – NZV 1990, 74; LG Duisburg v. 9.9.1999 – 22 S 188/99 – SP 2000, 211. In gleichem Sinne zu § 12 Abs. 2 VVG a.F.: OLG Düsseldorf v. 31.3.1998 – 4 U 78/97 – NVersZ 2000, 239 = r+s 1999, 397 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 16.12.1998 – IV ZR 101/98); LG Hamburg v. 26.11.2007 – 306 O 119/07 – VersR 2008, 907.
[466] OLG Düsseldorf v. 21.10.2005 – I-23 U 49/05 -BeckRS 2005, 14413 = OLGReport Hamm 2006, 518 = openJur 2011, 41301; OLG Hamm v. 30.3.2012 – I-19 U 186/11 – BauR 2013, 138 = openJur 2012, 129606; LG Frankfurt v. 8.2.2017 – 4 O 193/16 – bld.de = dejure.org (Im Regelfall wird man nach einmonatiger Untä...

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