Rz. 293

Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung regelmäßig erst mit der Fälligkeit des Anspruches. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt § 198 S. 1 BGB a.F., der ebenfalls von der "Entstehung des Anspruches" sprach, ohne sachliche Änderung der hierzu ergangenen Rechtsprechung fort.[233]

 

Rz. 294

Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die sofortige Leistung verlangen kann.[234] Die Verjährung beginnt nicht vor Entstehung des Schadens. Der Vermögensschaden muss bereits eingetreten sein, die bloße Gefährdung reicht nicht aus.[235]

 

Rz. 295

Schadenersatzansprüche sind häufig bereits im Zeitpunkt des Schadenereignisses fällig. Der Umstand, dass die Schadenhöhe noch (z.B. durch sachverständige Ermittlungen und Feststellungen) ausgefüllt werden muss, ändert nichts daran, dass der Schaden als solcher häufig bereits im Schädigungszeitpunkt eingetreten ist. Während bei Sachschäden z.B. im Moment der Fahrzeugkollision bereits die Eigentumsverluste entstanden sind und damit die Schadenhöhe bereits objektiv feststeht (es muss nur noch jemand verwaltungstechnisch diese schriftlich fixieren), bleibt hervorzuheben, dass bei Personenschäden die einzelnen Vermögenseinbußen allerdings erst zu jeweils späteren Zeitpunkten (z.B. spätere Heilbehandlungsmaßnahme, Arbeitsplatzverlust) eintreten können und entsprechend später fällig sind.

 

Rz. 296

Der Gesamtschuldnerausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB beginnt schon mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses (Rdn 143; § 2 Rdn 896).[236]

 

Rz. 297

Die gesetzliche Neuregelung ändert erklärtermaßen nicht die im Schadensrecht entwickelte Rechtsprechung zur Schadenseinheit[237] (Rdn 372). Ein Schaden im Sinne des bisherigen § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist entstanden, wenn die Vermögenslage des Geschädigten sich durch eine unerlaubte Handlung verschlechtert und sich diese Verschlechterung wenigstens dem Grunde nach verwirklicht hat. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen kann nach dem Grundsatz der Schadenseinheit auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende, aber nicht unvorhersehbare Folgen beginnen, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist.[238]

[233] BT-Drucks 14/6040, S. 108.
[234] Palandt-Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 271 BGB Rn 1. BGH v. 13.3.2002 – IV ZR 40/01 – BGHReport 2002, 540 = MDR 2002, 877 = NJW-RR 2002, 892 = NVersZ 2002, 309 = r+s 2002, 217 = VersR 2002, 698 = zfs 2002, 285.
[235] BGH 15.10.1992 – IX ZR 43/92 – MDR 1993, 693 = NJW 1993, 648 = VersR 1993, 1358 = WM 1993, 251; BGH v. 23.3.1987 – II ZR 190/86 – BGHZ 100, 228 = DB 1987, 1478 = MDR 1987, 644 = NJW 1987, 1887 = NJW-RR 1987, 925 (nur Ls.).
[236] BGH v. 8.11.2016 – VI ZR 200/15 – MDR 2017, 149 = r+s 2017, 98 = VersR 2017, 170 (Für die Beurteilung der Frage, wann der Ausgleichsanspruch eines zum Schadensersatz verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB in Hinblick auf Schäden entstanden ist, die erst nach der Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestands eingetreten sind, ist der Grundsatz der Schadenseinheit heranzuziehen).
[237] BT-Drucks 14/6040, S. 108.
[238] BGH 15.10.1992 – IX ZR 43/92 – MDR 1993, 693 = NJW 1993, 648 = VersR 1993, 1358 = WM 1993, 251.

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