Rz. 489

Der Rechtsanwalt erhält eine 0,8 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG, wenn

lediglich eine Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll genommen wird;
lediglich erfolglos über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche verhandelt wird, ohne dass es zu einer Einigung kommt;
über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche erfolgreich verhandelt wird und eine Einigung der Parteien, mit Dritten oder der Beteiligten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll genommen wird.

Die Differenzverfahrensgebühr hat gerade in Scheidungsangelegenheiten einen hohen Stellenwert, da nicht selten eine außergerichtlich ausgehandelte Scheidungsvereinbarung im Gerichtstermin protokolliert wird.

 

Rz. 490

Durch das 2. KostRMoG wurde der Wortlaut der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG durch den Gesetzgeber zum 1.8.2013 klarstellend geändert, um Auslegungsprobleme der bisherigen sprachlichen Fassung zu vermeiden; weitere Ergänzungen folgten. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG lautet daher:

Zitat

"2. soweit Verhandlungen vor Gericht zur Einigung der Parteien oder der Beteiligten oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden; der Verhandlung über solche Ansprüche steht es gleich, wenn beantragt ist, eine Einigung zu Protokoll zu nehmen oder das Zustandekommen einer Einigung festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO), oder wenn eine Einigung dadurch erfolgt, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen (§ 101 Abs. 1 Satz 2 SGG, § 106 Satz 2 VwGO); oder …"

 

Rz. 491

Die Änderung zum 1.8.2013 wurde wie folgt begründet:[335]

Zitat

"In der Literatur ist die Auffassung vertreten worden, dass die Formulierung der Nummer 2 des Gebührentatbestands der Gebühr 3101 VV RVG dazu führe, dass die auf 0,8 ermäßigte Verfahrensgebühr nur entstehe, wenn entweder lediglich eine Einigung der Parteien oder der Beteiligten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll genommen werde oder wenn erfolglos über eine solche Einigung verhandelt werde. Bei erfolgreicher Verhandlung und anschließender Protokollierung würde jedoch die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nummer 3100 VV RVG anfallen (Schneider in AGS 2007, 277 ff.). Diese Auffassung entspricht nicht dem, was mit der Regelung beabsichtigt war. Die Protokollierung einer Einigung dürfte in den seltensten Fällen ohne Einigungsgespräche im Termin erfolgen. Auch wäre eine erhöhte Gebühr bei Einigung und Protokollierung sehr missbrauchsanfällig. Daher wird eine redaktionelle Neufassung der Nummer 2 des Gebührentatbestands vorgeschlagen."

 

Rz. 492

Zu einem Antrag auf Protokollierung einer Einigung muss es somit nach den Bestimmungen des RVG nicht unbedingt kommen, denn es reicht zum Gebührenanfall bereits die Verhandlung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche. Die Differenzverfahrensgebühr gemäß Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG erhält der Rechtsanwalt aus dem Wert der in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche. Das bedeutet, die Ansprüche sind entweder

gar nicht anhängig oder
in einem anderen Verfahren anhängig.
 

Rz. 493

 

Praxistipp

Sofern es nicht zu einer Einigung kommt, sollte im Termin darauf geachtet werden, dass das Gericht die Gebühren auslösende Tätigkeit ins Sitzungsprotokoll aufnimmt. So ist gewährleistet, dass es später nicht zu Streit über die Frage der Entstehung der Gebühr kommt. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass das Gericht die Ansprüche, über die verhandelt wurde, nach Möglichkeit auch beziffert.

 

Rz. 494

Denkbar sind aber auch Fälle, in denen das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und einer der Beteiligten versucht, für den anderen Beteiligten gänzlich neue oder gar unbekannte Forderungen in die Verhandlungen mit einzubeziehen. Es stellt sich die Frage, ob der Rechtsanwalt, der im Verfahren mit derartigen Ansprüchen erstmalig konfrontiert wird, überhaupt einen Auftrag zur Verhandlung über diese Ansprüche hat. Möglicherweise sind die Ansprüche aber auch bekannt, aus Kostengründen soll jedoch eine Verhandlung hierüber nicht erfolgen.

 

Rz. 495

 

Praxistipp

Will man verhindern, dass die Differenzverfahrensgebühr anfällt (und möglicherweise eine Terminsgebühr gleich obendrein, siehe Rdn 497 ff. nachstehend), sollte man nicht in Verhandlungen hierüber eintreten, denn selbst das Verhandeln löst die entsprechenden Gebühren aus. Hier bietet es sich an, den Gegenanwalt darauf hinzuweisen, dass diese Ansprüche nicht Gegenstand des Verfahrens sind und man sich wegen dieser Ansprüche schriftlich melden soll. Damit ist der Gebührenanfall natürlich nicht per se verhindert, aber zumindest für diesen Moment.

Musterrechnungen zum Thema Differenzverfahrensgebühr, siehe Rdn 510.

[335] BT-Drucks 17/11471 vom 14.11.2012, 2. KostRMoG, S. 430 f.

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