Rz. 502

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG beträgt ebenfalls 0,8. Sie wurde mit dem FGG-Reform-Gesetz erheblich geändert.[336]

Zitat

"3. … soweit in einer Familiensache, die nur die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand hat, oder in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit lediglich ein Antrag gestellt und eine Entscheidung entgegengenommen wird, …"

Der Gesetzgeber hielt die Klarstellung für wichtig, da in Zukunft nicht mehr zwischen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und anderen Verfahren in Familiensachen unterschieden wird. Alle Familiensachen sollen daher gleich behandelt werden. Man wollte jedoch die 0,8 Verfahrensgebühr für solche Verfahren erhalten, die lediglich die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand haben.

 

Rz. 503

Unter Nr. 3101 Nr. 3 VV fallen z.B. Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts für ein minderjähriges Kind beim Familiengericht (bis 31.8.2009: Vormundschaftsgericht), Beantragung eines Erbscheins, etc. Sofern der Rechtsanwalt lediglich einen Antrag stellt und eine Entscheidung entgegennimmt, bleibt es bei einer 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG.

Eine ähnliche Regelung wurde im Rahmen des 2. KostRMoG durch Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 3201 VV RVG eingefügt (vgl. Rdn 778 in diesem Kapitel).

 

Rz. 504

Muster 57: Musterrechnung 5.57: Antrag an das Familiengericht – Entgegennahme Beschluss i.S.d. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG

 

Musterrechnung 5.57: Antrag an das Familiengericht – Entgegennahme Beschluss i.S.d. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG

Rechtsanwältin A beantragt beim Familiengericht, den Kauf für ein minderjähriges Kind zu genehmigen. Das Gericht erlässt einen entsprechenden Beschluss, der von Rechtsanwältin A weitergeleitet wird. Die Sache ist damit erledigt. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gegenstandswert: 5.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 42 Abs. 1 u. 3 FamGKG

 

0,8 Verfahrensgebühr aus 5.000,00 EUR

Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG
267,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 287,20 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 54,57 EUR
Summe 341,77 EUR
 

Rz. 505

 

Praxistipp

Es entsteht eine 1,3 Verfahrensgebühr, wenn "nicht lediglich" ein Antrag gestellt und eine Entscheidung entgegengenommen wird, wenn also der Rechtsanwalt weitergehend, über die Antragstellung hinaus, tätig wird, z.B. weil er Rückfragen des Gerichts noch beantwortet.

 

Rz. 506

Nach Ansicht von Müller-Rabe führt eine Begründung des Antrags (ob kurz oder lang) noch nicht zur vollen 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Es bleibt vielmehr auch dann bei einer 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG.[337] Geht die Tätigkeit des Rechtsanwalts über die bloße Antragstellung (und ggf. Begründung) hinaus, weil das Gericht weitere Ausführungen verlangt, ist nach Ansicht von Müller-Rabe der Anfall einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG gegeben.[338] Gleiches gilt auch, wenn der Anwalt nach einem Aufklärungsbeschluss weiter vorträgt. Die mögliche Folge, dass der Anwalt, der zunächst den Antrag "schlampig" begründet, mehr verdient, als der sorgfältig arbeitende Anwalt, muss nach Ansicht von Müller-Rabe hingenommen werden.[339]

 

Rz. 507

Muster 58: Musterrechnung 5.58: Antrag an das Familiengericht – mit weiterem Sachvortrag

 

Musterrechnung 5.58: Antrag an das Familiengericht – mit weiterem Sachvortrag

Rechtsanwältin A beantragt beim Familiengericht, den Kauf für ein minderjähriges Kind zu genehmigen. Das Gericht hält den Antrag nicht hinreichend substantiiert begründet und fordert weiteren Sachvortrag, der erfolgt. Anschließend ergeht antragsgemäß ein Beschluss. Die Sache ist damit erledigt. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Gegenstandswert: 4.000,00 EUR

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
361,40 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 381,40 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 72,47 EUR
Summe 453,87 EUR
 

Rz. 508

Nach Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 3101 VV RVG ist jedoch Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG in streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Familiensachen, nicht anzuwenden. Dies bedeutet, dass beispielsweise im Sorgerechtsverfahren eine 1,3 Verfahrensgebühr entsteht und Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG hier nicht zur Anwendung kommt. Dementsprechend hat das OLG Nürnberg auch entschieden, dass in einem streitigen Sorgerechtsverfahren eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entsteht. Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG gilt hier nicht.[340] Musterrechnungen zum Sorgerecht, siehe z.B. Rdn 334 und 592 in diesem Kapitel.

[336] BGBl 2008 I, S. 2585 (S. 2718).
[337] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, 3101 VV Rn 120.
[338] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, 3101 VV Rn 121.
[339] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, 3101 VV Rn 122.
[340] OLG Nürnberg JurBüro 2005, 190 = RVGreport 2005, 105.

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