Rz. 36

Gegenstandsverschiedenheit liegt vor, wenn die einzelnen Gegenstände den Auftraggeber selbst betreffen, sei es, dass er die Gegenstände einzeln zu fordern oder einzeln zu erfüllen hat. Wird der Rechtsanwalt demgemäß für mehrere Auftraggeber in derselben Sache, jedoch wegen verschiedener Gegenstände tätig, kommt es nicht zur Gebührenerhöhung gemäß § 7 RVG. In diesem Falle wären die Gegenstände zu addieren.

Gegenstandsverschiedenheit:

Grundsätzlich bei Klagen der Erbengemeinschaft[64]
Klage mehrerer Miterben gegen weitere Miterben auf Zustimmung zur Verteilung des Versteigerungserlöses[65]
Klage mehrerer Miterben gegen weitere Miterben auf Zustimmung zum Teilungsplan
Klage mehrerer Pflichtteilsberechtigter gegen Erben[66]
Klage mehrerer Pflichtteilsberechtigter gegen Erben auf Auskunft[67]
Klage mehrerer Vermächtnisnehmer auf Feststellung des jedem zustehenden Vorausvermächtnisses[68]
Klage mehrerer Vermächtnisnehmer auf Erfüllung gleich hoher Vermächtnisse[69]
Klage mehrerer Testamentsvollstrecker für denselben Nachlass[70]
Klage von Bruchteilseigentümern[71]
Vertretung mehrerer Erbprätendenten im Erbscheinsverfahren, wobei jeder einen Erbschein hinsichtlich seines Anteils geltend macht.[72]
 

Rz. 37

 

Abrechnungsbeispiel bei Gegenstandsverschiedenheit

 
Gegenstandswert: 50.000 EUR plus 50.000 EUR = 100.000 EUR
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) 1.953,90 EUR
1,2 Terminsgebühr (VV 3104) 1.803,60 EUR
Auslagenpauschale (VV 7002) 20,00 EUR
  3.777,50 EUR

zuzüglich Mehrwertsteuer

 

Rz. 38

Gegenstandsgleichheit liegt hingegen vor, wenn der Auftraggeber nur notwendigerweise gemeinsam mit anderen etwas verlangen kann oder für etwas einzustehen hat.

Gegenstandsgleichheit:

bei Klagen von Gesamtgläubigern oder Gesamtschuldnern[73]
bei einer Klage der Erbengemeinschaft, aber nur soweit der Anwalt schon vom Erblasser beauftragt worden war[74]
gemeinsame Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen durch eine Erbengemeinschaft[75]
Vertretung eines Miterben im Prozess der Erbengemeinschaft gegen Dritte wie auch im Rechtsstreit gegen andere Wohnungseigentümer oder den Verwalter
bei Klagen, bei denen der Kläger den Beklagten auswechselt und der Rechtsanwalt auch den neuen Beklagten vertritt[76]
wenn mehrere Personen, die in einem Erbschein als Erben ausgewiesen sind, sich dagegen wehren, dass der auf sie lautende Erbschein eingezogen wird. Die vom Gegner erstrebte Einziehung des Erbscheins konnte nämlich nur einheitlich zulasten der im Erbschein Genannten erfolgen[77]
wenn eine Erbengemeinschaft einen einheitlichen Erbschein für die Gemeinschaft beantragt.[78]

Nur bei Vorliegen von Gegenstandsgleichheit kommt eine Erhöhung nach § 7 RVG zum Tragen. Bei Gegenstandsverschiedenheit sind hingegen die Werte der einzelnen Gegenstände zusammen zu zählen (§§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 RVG i.V.m. §§ 39, 45 GKG), wobei die abrechenbaren Gebühren entsprechend der Summe der Werte nur einmal entstehen.

 

Rz. 39

 

Abrechnungsbeispiel bei Gegenstandsgleichheit

 
Gegenstandswert: 50.000 EUR  
1,3 Verfahrensgebühr (VV 3100) 1.511,90 EUR
0,3 Erhöhungsgebühr (VV 1008) 348,90 EUR
1,2 Terminsgebühr (VV 3104) 1.395,60 EUR
Auslagenpauschale (VV 7002) 20,00 EUR
  3.276,40 EUR

zuzüglich Mehrwertsteuer

Zu der Gebührenrechnung, wenn der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit von mehreren Mandanten teils wegen desselben, teils wegen verschiedener Gegenstände beauftragt ist oder an verschiedenen Gegenständen jeweils mehrere Auftraggeber beteiligt sind, vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG unter dem Stichwort "Auftraggebermehrheit".

In jedem Fall ist es bei der Auftragserteilung durch mehrere Auftraggeber für den mandatierten Rechtsanwalt dringend angezeigt, seiner Aufklärungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Mandanten sorgfältig nachzukommen.

[64] Die Frage ist streitig. Die Frage wird bejaht von Hartmann, Kostengesetze, § 6 Rn 9; Hans. OLG Hamburg MDR 1989, 830 m.w.N.; OLG Hamm Rpfleger 1989, 80 m.w.N.; OLG Karlsruhe AnwBl 1981, 193; jetzt auch OLG Köln MDR 1988, 155; ferner LG Göttingen Rpfleger 1990, 90; a.A. OLG Düsseldorf Rpfleger 1982, 199; OLG Nürnberg MDR 1993, 699; LAG Hamm MDR 1984, 174 (für den Fall, dass mehrere Erben den Anwalt bitten, den vom Erblasser begonnenen Rechtsstreit fortzuführen).
[65] OLG Karlsruhe JurBüro 1990, 334.
[66] BGH MDR 1994, 413; OLG München Rpfleger 1990, 270 = MDR 1990, 50 = JurBüro 1990, 602.
[67] OLG Köln JurBüro 1994, 730.
[68] OLG Koblenz AnwBl 1983, 175.
[69] OLG Koblenz AnwBl 1983, 175 = JurBüro 1982, 1828.
[70] BGH AnwBl 1994, 196 = MDR 1994, 413 = Rpfleger 1994, 271.
[71] BGH Rpfleger 1978, 370; JurBüro 1978, 1481 = MDR 1979, 39.
[72] LG Mannheim AGS 2012, 324.
[73] OLG Düsseldorf AnwBl 1996, 475 = JurBüro 1996, 584 (Anspruch auf Löschungsbewilligung); OLG Hamm JurBüro 1978, 699 (Abwehr von Gefährdung des gemeinschaftlichen Grundstückes); OLG Frankfurt JurBüro 1984, 1191 = MDR 1983, 764 (Mängelbeseitigungsansprüche von zwei Ehepaaren betreffend in Auftrag gegebenes Doppelhaus).
[74] Die Frage ist stre...

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