Rz. 219
Hinweis
Ergänzend hierzu Kapitel 2 (siehe § 2 Rn 131 ff.) und Kapitel 13 (siehe § 13 Rn 56)
Zum Thema
Burmann/Jahnke "Lohnfortzahlung und Regress des Arbeitgebers bei nicht bewiesener Verletzung des Arbeitnehmers" NZV 2013, 313.
Rz. 220
Ein Arbeitnehmer, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall begehrt, hat seinem Arbeitgeber gegenüber darzulegen und zu beweisen, dass er arbeitsunfähig krank ist (was arbeitsrechtlich zu betrachten ist).[157] Der arbeitsrechtliche Nachweis hat aber einen anderen beweisrechtlichen Inhalt als der schadenersatzrechtliche Ansatz; dieses hat insbesondere im Rahmen behaupteter HWS-Verletzungen schadenrechtliche Relevanz.[158] Zur Beweissituation des Arbeitgebers insbesondere bei zweifelhafter unfallkausaler Erkrankung seines Arbeitnehmers im Detail siehe Kapitel 2 (vgl. § 2 Rn 131 ff.).
Rz. 221
Der Unterschied zwischen Arbeits- und Schadenersatzrecht ist hervorzuheben (Übersicht 2.11, siehe § 2 Rn 129):
Lohnfortzahlung und Forderungsübergang
aa) Arbeitsrecht
Rz. 222
Im Arbeitsrecht muss nur irgendeine zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung vorliegen; im Schadenersatzrecht muss es sich demgegenüber um eine unfallkausale Erkrankung handeln.
Rz. 223
Der Nachweis wird arbeitsrechtlich i.d.R. durch unverzügliche (§ 5 I 2, 3 EFZG: wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage dauert, spätestens am darauf folgenden Arbeitstag, sofern der Arbeitgeber keine frühere Vorlage fordert[159]) Vorlage einer förmlichen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung[160] geführt. Schwierigkeiten bereiten die Nachweise regelmäßig bei im Ausland aufgetretener Arbeitsunfähigkeit.[161] Siehe zum Problem des Arbeitergebers instruktiv die Ausführungen des AG Berlin-Mitte[162] (siehe § 2 Rn 142).
Rz. 224
Ein Arbeitnehmer, der aufgrund falscher Diagnose irrtümlich annimmt, er sei arbeitsunfähig erkrankt, hat einerseits keinen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Schädiger, verliert andererseits aber nicht zwingend den Lohnfortzahlungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, da hier keine unfallkausale Arbeitsunfähigkeit gefordert ist.[163]
bb) Zivilrecht
Rz. 225
Die Beweislastverteilung im Arbeitsrecht (Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber) ist streng zu scheiden von der Beweislastverteilung im Schadenersatz (Anspruch auf Schadenersatz wegen Körperverletzung und darauf beruhendem Verdienstausfall).[164]
Rz. 226
Da der Arbeitgeber keine eigenen, sondern ausschließlich fremde Schadenersatzansprüche – nämlich solche, die in der Person seines Arbeitnehmers entstanden und geltend zu machen sind – im Wege des gesetzlichen (für die ersten 6 Wochen ab dem Unfalltag: § 6 EFZG) bzw. des privatrechtlichen (für die Zeit ab dem 43. Tag der unfallkausalen Arbeitsunfähigkeit: Abtretungsvertrag) Forderungsüberganges verfolgt, kommt es allein auf schadenersatzrechtliche Kriterien an (siehe auch § 2 Rn 133 ff., dort insbesondere Nachweise in Fn 105),[165] was manchmal auch in der Rechtsprechung[166] übersehen wird. Zu klären sind Anspruchsgrund (u.a. "Besteht eine Haftung?", "Arbeitnehmer tatsächlich verletzt?") und Anspruchshöhe (u.a. Kürzung des Verdienstausfallschaden wegen Vorteilsausgleich).
Rz. 227
Der bloße Verdacht einer Verletzung reicht nicht aus, Verdienstausfallansprüche wegen Körperverletzung zu fordern[167] (siehe auch § 3 Rn 102).
Rz. 228
Pardey[168] bejaht zwar einen "normativen Schaden" desjenigen Arbeitnehmers, der berechtigterweise auf die ihm erteilte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vertraut, der durch die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers nicht entfällt und an den Arbeitgeber abgetreten werden kann. Pardey übersieht dabei ab...
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