Rz. 382
Hinweis
Siehe ferner in Kapitel 2 (vgl. § 2 Rn 151, § 2 Rn 175).
Zum Thema
Zur Wirksamkeit von Abtretungen ergänzend van Bühren/Lemcke/Jahnke-Jahnke, 2. Aufl. 2011, Teil 4 Rn 211.
Rz. 383
Der Arbeitgeber eines Verletzten hat als mittelbar Geschädigter keinen eigenen (originären) Schadenersatzanspruch, sondern kann nur die aufgrund gesetzlichen Forderungsüberganges (§ 6 EFZG) auf ihn übergegangenen Schadenersatzansprüche seines Arbeitnehmers verfolgen. Nur in eng umgrenztem Bereich ist darüber hinaus eine wirksame Abtretung von Verdienstausfallansprüchen des verletzten Arbeitnehmers zugunsten seines Arbeitgebers möglich.[345]
Rz. 384
Erbringt der Arbeitgeber über die nach dem EFZG vorgeschriebenen Leistungen hinaus weitere (z.B. Aufstockung auf bis zu 100 % des Lohnes während des 6-Wochen-Zeitraumes, Leistungen nach Beendigung des 6-Wochen-Zeitraumes, Beihilfen bei Gesundheitsbeschädigung), bedarf es der Abtretung des Schadenersatzanspruches seitens des verletzten Arbeitnehmers zugunsten seines Arbeitgebers (Abtretungsvertrag).[346]
Rz. 385
Die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sind als Erwerb des Arbeitnehmers anzusehen, da sie ausschließlich dem Arbeitnehmer zu Gute kommen und erst zusammen mit den von ihm zu tragenden Anteilen den Schutz an Sozialversicherung schaffen, den er durch seine Arbeit verdient.[347] Die Abtretung des verletzten Angestellten erfasst also auch die Beiträge des Arbeitgebers zur Sozialversicherung sowie zu den Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung.
Rz. 386
Der Forderungsübergang vollzieht sich dann erst mit dem Abtretungsvertrag (und nicht vorher), so dass u.a. ein zuvor mit dem verletzten Arbeitnehmer geschlossener Abfindungsvergleich den Forderungswechsel (ebenso den Regress der Krankenkasse nach AAG und §§ 10 ff. LFZG[348]) verhindert (siehe § 16 Rn 39 ff.).
Rz. 387
Tarifverträge und Individualarbeitsverträge können mangels Bestimmtheit und Verfügungsbefugnis keine wirksame antizipierte Abtretung enthalten, sondern allenfalls die Verpflichtung zur individuellen Abtretung (siehe § 2 Rn 153, § 2 Rn 181). Manche Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen sehen die Verpflichtung der Arbeitnehmer (bzw. deren Hinterbliebenen) zur Abtretung vor. Treten diese den Anspruch an den Arbeitgeber ab, so ist dieser – wie jeder andere Abtretungsgläubiger auch – Inhaber der Schadenersatzforderung, soweit diese materiell-rechtlich gegenüber dem Ersatzpflichtigen auch berechtigt ist.
Rz. 388
Zu einer Abtretung kann der Arbeitnehmer einzel- oder tarifvertraglich verpflichtet sein; seine Verpflichtung folgt aber stets auch aus einer Nebenpflicht des Anstellungsvertrag und letztlich dann analog § 255[349] oder § 285 BGB.[350] Ob der Arbeitgeber allerdings auch aufgrund des Arbeitsvertrages oder der Betriebsvereinbarung einen gegenüber seinen Arbeitnehmern (bzw. dessen Hinterbliebenen) durchsetzbaren Anspruch auf eine Abtretung hat, ist arbeitsvertraglich und nicht schadenersatzrechtlich zu klären.
Rz. 389
Die Abtretung darf (analog § 6 III EFZG) nicht zu einer Schlechterstellung des Arbeitnehmers führen.[351] Dem aus dem Quotenvorrecht zu folgernden Schutz des Arbeitnehmers ist auch bei der Abtretung vorrangig Rechnung zu tragen (ergänzend siehe § 2 Rn 151 ff., § 2 Rn 259 ff.).
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