Rz. 2

Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung besteht, sind zahlreich und werden in der Regel verlangt, wenn von dem zu versichernden Risiko eine erhebliche Gefahr für einzelne oder mehrere Personen oder für die Allgemeinheit ausgeht.

Beispiele für solche Versicherungen sind etwa die Haftpflicht-Versicherungspflicht für Luftverkehrsunternehmer (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 43 LuftVG) oder für Jäger (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BundesjagdG).

 

Rz. 3

Nach der Legaldefinition des § 113 Abs. 1 VVG geht es um Versicherungen, "zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht". In dieser Wortwahl liegt ein inhaltlicher Unterschied zum früheren § 158b Abs. 1 VVG a.F., der ausdrücklich auf das Bestehen einer "gesetzlichen" (nicht vertraglichen) Pflicht abgestellt hat. Ausweislich der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum "Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts", der die rechtspolitische Grundlage der Versicherungsvertragsreform darstellt, soll mit dem nunmehr verwendeten Wort "Rechtsvorschrift" nicht nur ein Gesetz im formellen Sinne, sondern auch eine Rechtsverordnung, ferner die Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder ggf. auch eine einschlägige EU-Verordnung verstanden werden.[1]

 

Rz. 4

Das Recht der Haftpflichtversicherung ist Bestandteil der Reform des Versicherungsvertragsrechts, das nach dem Gesetz über den Versicherungsvertrag (VersicherungsvertragsgesetzVVG) vom 23.11.2007 (BGBl I, 2631) für Neuverträge seit dem 1.1.2008 und für bestehende Versicherungsverträge mit Wirkung seit dem 1.1.2009 in Kraft steht. Zur Umsetzung der Reform wird auf die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs zum VVG vom 20.12.2006[2] verwiesen. Die Haftpflichtversicherung ist nunmehr in den §§ 100 ff. VVG normiert. Sie verpflichtet den Versicherer, "den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten aufgrund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren" (§ 100 Abs. 1 VVG).

 

Rz. 5

Die Einzelheiten des Rechts der Pflichtversicherung, das heißt einer Versicherung, "zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht" (Rdn 2) und die folglich eine Pflichthaftpflichtversicherung ist, ist ihrerseits Gegenstand der §§ 113 ff. VVG. Diese gehen als Spezialregelungen den §§ 100 ff. VVG vor, die ihrerseits ergänzend Anwendung finden.

 

Rz. 6

Für den Halter eines Kraftfahrzeugs mit inländischem Standort ergibt sich eine solche Verpflichtung aus dem Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (PflichtversicherungsgesetzPflVG) vom 5.4.1965 (BGBl I, 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6.2.2017 (BGBl. I, 147) geändert worden ist.

 

Rz. 7

§ 1 PflVG legt im Einzelnen fest, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers verpflichtet ist, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen im Sinne des § 1 StVG verwendet wird. Bereits der Gesetzeswortlaut macht deutlich, dass die Pflichthaftpflichtversicherung in erster Linie dem Interesse des Geschädigten dient. Daneben soll oft auch der Schädiger selbst geschützt werden; dies gilt wegen der Einschränkung der Regressmöglichkeiten des Versicherers, vor allem für die Kraftfahrzeug-Pflichtversicherung.[3]

 

Rz. 8

Vor der Reform des VVG normierte das Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (PflichtversicherungsgesetzPflVG) vom 5.4.1965 (BGBl I, 213) eine derartige Pflichtversicherung. Das PflVG a.F. enthielt gegenüber dem VVG weitgehend eigenständige Regelungen hinsichtlich der Versicherungspflicht, namentlich hinsichtlich der Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschädigtem und dem Haftpflichtversicherer. § 3 PflVG a.F., der im hier maßgeblichen Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist, erfuhr seine gegenwärtige Fassung aufgrund des 1. ÄndG vom 22.3.1988 (BGBl I, 358). Insoweit begründete § 3 Nr. 1 PflVG a.F. einen Direktanspruch des Geschädigten unmittelbar gegen den Versicherer. In gesetzessystematischer Hinsicht bestimmte § 3 PflVG a.F., dass für die Pflichtversicherung an Stelle der §§ 158 c bis f VVG a.F. die einschlägigen Regelungen des PflVG galten.

 

Rz. 9

Für die Fälle der sog. Auslandsberührung, das heißt bei Versicherungsfällen, die sich entweder im Ausland oder im Inland mit Beteiligung eines Ausländers ereignen, ist das Gesetz über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (AuslPflVG) vom 24.7.1956[4] einschlägig (siehe dazu Rdn 90 f.).

 

Rz. 10

Zum früheren Rechtszustand bei Beteiligung von Bürgern der ehemaligen DDR an Unfällen und bei Unfällen in der DDR vgl. die Vereinbarung vom 10.5.1973 zwischen dem HUK-Ve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge