Rz. 319

Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. etwa Senatsurt. v. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, VersR 2010, 545 Rn 10 und v. 18.12.2012 – VI ZR 316/11, VersR 2013, 330 Rn 8, jeweils m.w.N.).

 

Rz. 320

Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Tarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. Senatsurt. V. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, a.a.O. Rn 12). So lag der Fall hier. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die seitens der Beklagten dem Kläger angebotenen günstigeren Anmietmöglichkeiten "ohne weiteres" zugänglich gewesen wären, ließen entgegen der Auffassung der Revision keinen Rechtsfehler erkennen.

 

Rz. 321

Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurt. v. 16.4.2013 – VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn 13 m.w.N.). Einen solchen Fehler zeigte die Revision nicht auf.

 

Rz. 322

Die Revision ging selbst davon aus, dass nach der vorgenannten Rechtsprechung des erkennenden Senats das Angebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten, ihm ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung zu stellen oder zu vermitteln, beachtlich sein kann (vgl. zur Schadensgeringhaltungspflicht bei der Verwertung von Unfallfahrzeugen Senatsurt. v. 1.6.2010 – VI ZR 316/09, VersR 2010, 963 Rn 9 f.). Sie meinte jedoch, die Vorinstanzen hätten nicht festgestellt, dass der Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mitgeteilt habe, was er zur Anmietung dieses Fahrzeugs hätte tun müssen, wo es sich befinde, und ab wann es zur Verfügung stehe. Für den Kläger sei deshalb in keiner Weise überprüfbar gewesen, ob das Angebot der Beklagten überhaupt zu einem "zugänglichen Fahrzeug" hätte führen können.

 

Rz. 323

Die Rüge der Revision, die Vorinstanzen hätten keine hinreichenden Feststellungen zur Zugänglichkeit der von der Beklagten vorgeschlagenen Mietwagenangebote getroffen, hatte keinen Erfolg. Das Amtsgericht, dessen Beweiswürdigung das Berufungsgericht folgte, hatte sich nämlich nicht – wie die Revision geltend machte – mit der Feststellung begnügt, es bestehe kein Zweifel daran, dass eine Fahrzeuganmietung zu den vom Zeugen genannten Preisen tatsächlich möglich gewesen wäre. Es hatte sich dabei vielmehr auf die als glaubhaft angesehene Aussage des Zeugen P gestützt, wonach dieser regelmäßig – sollte vom Geschädigten ein Mietwagen gewünscht werden – dessen Telefonnummer notiere und an das Mietwagenunternehmen weitergebe, welches sich dann bei dem Geschädigten melde und Zeitpunkt und Art der Fahrzeugzustellung vereinbare. Da die genauen Übergabemodalitäten (sinnvollerweise) dabei unmittelbar zwischen dem von der Beklagten vermittelten Mietwagenunternehmen und dem Kläger vereinbart werden konnten, musste dem Kläger – entgegen der Ansicht der Revision – nicht bereits seitens des Haftpflichtversicherers mitgeteilt werden, wo sich das Fahrzeug befand und ab wann es konkret zur Verfügung gestellt wurde.

 

Rz. 324

Aus den Ausführungen des Amtsgerichts ergab sich weiter, dass sich dessen Überzeugungsbildung auch darauf gründete, dass der Zeuge im Einzelnen dargelegt habe, wie problemlos eine solche Anmietung üblicherweise stattfinde. Er habe ausgesagt, er könne aus Erfahrung sagen, dass ein solches Fahrzeug zur Verfügung gestellt werde. In seiner langjährigen Bearbeitungszeit sei es niemals vorgekommen, dass ein Fahrzeug nicht zum entsprechenden Zeitpunkt z...

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